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„Täubchen, das in seinem eignen Blute schwimmt“
(Richard Dehmel)

Als ich also diese Worte an mich las,
Erinnerte ich mich
Tausend Jahre meiner.

Eisige Zeiten verschollen – Leben vom Leben,

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Wo liegt mein Leben –

Und träumt nach meinem Leben.

Ich lag allen Tälern im Schoß,
Umklammerte alle Berge,
Aber nie meine Seele wärmte mich.

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Mein Herz ist die tote Mutter,

Und meine Augen sind traurige Kinder,
Die über die Lande gehen.

„Täubchen, das in seinem eigenen Blute schwimmt“ …
Ja, diese Worte an mich sind heiße Tropfen,

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Sind mein stilles Aufsterben

„Täubchen, das in seinem eigenen Blute schwimmt“ …

In den Nächten sitzen sieben weinende Stimmen
Auf der Stufe des dunklen Tors
Und harren.

Empfohlene Zitierweise:
Else Lasker-Schüler: Gesammelte Gedichte. Verlag der Weißen Bücher, Leipzig 1917, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Else_Lasker_Schueler_Die_gesammelten_Gedichte_1917.pdf/92&oldid=- (Version vom 31.7.2018)