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Nebel
(Georg Heinrich Meyer und seiner Moosrose in Leipzig)

Wir sitzen traurig Hand in Hand,
Die gelbe Sonnenrose,
Die strahlende Braut Gottes,
Leuchtet erdenabgewandt.

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Und wie golden ihr Blick war,

Und unsere Augen weiten
Sich fragend wie Kinderaugen,
Weiß liegt die Sehnsucht schon auf unserm Haar.

Und zwischen den kahlen Buchen

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Steigen ruhelose Dunkelheiten,

Auferstandene Nächte,
Die ihre weinenden Tage suchen.

Es schließen sich wie Rosen
Unsere Hände; du, wir wollen

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Wie junge Himmel uns lieben

Im Kranz von grauen Grenzenlosen.

Ein tiefer Sommer wird schweben
Auf laubigen Flügeln zur Erde,
Und eine rauschende Süße

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Strömt durch das schwermütige Leben.
Empfohlene Zitierweise:
Else Lasker-Schüler: Gesammelte Gedichte. Verlag der Weißen Bücher, Leipzig 1917, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Else_Lasker_Schueler_Die_gesammelten_Gedichte_1917.pdf/100&oldid=- (Version vom 31.7.2018)