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Walther Kabel: Eine aufregende Fahrt. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 5, S. 215–220

wieder zu ihm ins Boot stieg. Ich war so ermattet, daß ich sofort auf den Boden unseres Nachens niedersank. Ein Schluck Reisschnaps belebte mich wieder.

Es half nichts, ich mußte nochmals in den kalten Fluß hinein. Mein Diener folgte mir, wenn auch zögernd. Das Boot an den Stricken haltend, lösten wir erst die eingeklemmte Stange los und machten uns dann auf den Weg. Den Kahn trieb die Strömung vor uns her. Schneller als vorhin war die Grotte erreicht. Nun begann der Abstieg durch den Wasserfall. Wir hielten uns möglichst am Rande der rechten Felswand, wo die am wenigsten abschüssige Stelle war. Nach unendlichen Mühen hatten wir das Hindernis überwunden. Unsere Hände bluteten, wir waren wie in Schweiß gebadet, und das Boot hatte sich halb mit Wasser gefüllt. Aber es war doch geglückt. Das Wasser hatten wir bald mit Hilfe unserer weitkrempigen Lederhüte ausgeschöpft und ebenso die durch den Sprühregen feucht gewordenen Fackeln durch andere ersetzt. Während dieser Arbeiten lag das Boot auf einer aus dem Flußbett herausragenden Klippe fest, so daß wir es nicht zu halten brauchten.

Drei Uhr war es, als wir frohgemut wieder in unser Fahrzeug kletterten und uns von der Strömung davontreiben ließen. Gewiß – auch jetzt fehlte es nicht an aufregenden Zwischenfällen. Im ganzen verlief der Rest unserer Fahrt aber weit angenehmer als der erste Teil. Die Szenerie um uns änderte sich kaum. Bald glitten wir in einem engen Tunnel dahin, bald kreuzten wir weite Hallen.

Genau vier Uhr achtzehn Minuten passierten wir das Austrittstor des Kung-ho. Am Ufer harrte die Bevölkerung dreier benachbarter Dörfer, die inzwischen von unserem Wagnis Kunde erhalten und abgewartet hatte, ob wir den bösen Geistern wirklich entrinnen und das Tageslicht wiedersehen würden. Darunter befand sich auch unser Dorfältester mit seiner Untertanenschar, die durch Seitentäler uns vorausgeeilt waren. Ein ohrbetäubendes Geheul empfing uns.

Die Strecke, die der Kung-ho unter dem Gebirge dahinfließt, vermag ich nur nach ungefährer Schätzung anzugeben.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Eine aufregende Fahrt. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 5, S. 215–220. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1913, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_aufregende_Fahrt.pdf/6&oldid=- (Version vom 31.7.2018)