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jüngsten Jahren viel genannten armenischen Christenheit. Diese werden wir jetzt doch wohl als eine Kirchengemeinschaft anerkennen müssen und sie nicht mehr Häresie nennen dürfen. –

Dagegen ist zu sagen, wenn wegen einer Lehre, die im Bekenntnis der Kirche noch nicht mit völliger Klarheit festgestellt ist, Trennungen entstehen, wie die zwischen der Iowa- und Missouri-Synode in Nordamerika, welch letzterer die Sendlinge Löhes anfangs beigetreten waren, oder wie sie auf dem Boden der preußisch-lutherischen Kirche zwischen der Breslauer und der Immanuelsyonde wegen der Lehre vom Kirchenregiment eintraten, jetzt aber, Gott sei Dank, überwunden sind, so darf man solche Scheidungen nicht als Sekten bezeichnen, sondern nur von Trennungen reden. In der alten Kirche gab es Häresien und Sekten; wie ich gezeigt habe, ist ein Teil wieder verschwunden oder geradezu zu Kirchen geworden. – In den Tagen der Reformation entstand eine Sekte, die Wiedertäufer, die in den letzten Ausläufern jetzt noch besteht, aus der Richtung der Zwickauer Propheten hervorgegangen und 1536 von einem gewissen Menno Simons einer Erneuerung unterworfen. Während sie früher in wilder Weise gegen die Ordnung der Obrigkeit aufgetreten sind, sind sie jetzt eine friedliche Gemeinschaft geworden von Leuten, die in der Stille leben, keinen Eid leisten, keine Kriegsdienste vollziehen, die allerdings die bestehende Kirche für ein verderbtes Babel halten und deshalb als Sekte zu bezeichnen sind, obwohl sie die Kirche weiter nicht behelligen. – Auf lutherischem Boden ist nur eine gesonderte Kirchenbildung entstanden; das ist die Herrenhuter Brüdergemeinde des Grafen Zinzendorf, die ja zweifellos ein sektierisches Moment in sich trägt, weil sie eine Gemeinde von lauter Gläubigen zu sein vorgibt und behauptet, daß sie in einem speziellen Bund mit Christo, dem Heiland stehe. Das ist ein sektiererisches Moment, aber im übrigen ist doch diese Gemeinde so fest im Heilsgrund gewurzelt und steht der lutherischen Kirche in der Abendmahlslehre so gleich, daß man sie nicht als Sekte bezeichnen darf, sondern als kleine Kirchengemeinschaft anerkennen muß. Wir wissen, welches Verdienst die Brüdergemeinde auf dem Gebiet der Mission hatte und noch hat und daß sie in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts zur Zeit des Rationalismus eine Zuflucht und ein Halt für die Gläubigen, die Stillen im Lande gewesen ist. Ob sie es jetzt auch wieder sein wird, ob sie Kraft hat gegenüber der modernen Richtung sich bei der biblischen Wahrheit zu behaupten, ist eine andere Frage.

Wenn wir von Störungen oder Gefährdungen durch die Sekten reden wollten, so bezieht sich das hauptsächlich auf die Sekten, die von der reformierten Kirche herstammen und aus Amerika oder England zu uns herübergekommen sind. Sie sind alle eins in dem Gedanken, Gemeinden von lauter Gläubigen zu bilden, oder doch