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aufmerksam und setzte die Worte „und vom Sohne“ oder wie es lateinisch heißt: filioque ein. Das durfte man der Sache nach tun, hätte es aber nicht tun sollen, ohne die morgenländische Kirche gleich zu Rate zu ziehen. Das tat aber der Papst nicht, der aus eigener Machtvollkommenheit dies Wort einsetzte und das wollte wiederum die morgenländische Kirche sich nicht gefallen lassen, da sie die päpstlichen Ansprüche ablehnte. So ist es über diesen an sich unbedeutenden Punkt zur Trennung gekommen oder er ist wenigstens bei derselben immer wieder vorgeschoben worden. Noch im Jahre 1439 haben die letzten Vergleichsverhandlungen, die auch scheiterten, stattgefunden. Man sieht also hier, der tatsächliche Grund der Trennung war doch der Papst, der den Anspruch machte, auch Beschlüsse der Kirchenversammlungen abändern und Einschiebungen machen zu können. Die Lehre selber betrifft die Seligkeit wahrlich nicht; obwohl es zweifellos das Rechte sein wird zu glauben und zu bekennen, daß der heilige Geist vom Vater und vom Sohne ausgeht. Die Trennung kommt geschichtlich schon daher, daß das römische Reich sich im Jahre 395 teilte in ein morgenländisches und abendländisches Reich. Da ging auch die Christenheit in den beiden Reichen ihre getrennten Wege. Die morgenländische Kirche ist geblieben, was die Kirche überhaupt seit den Tagen Konstantins geworden war, eine hierarchische Staatskirche. Sie stellt eine Hierarchie dar in starker Abhängigkeit vom Staat. Dies letztere besonders in Rußland, wo sie stark vertreten ist. Ueberall aber hat sie die Art der Verfassung eines weltlichen Reiches. Bischöfe üben die kirchliche Gewalt, über denselben stehen Erzbischöfe, dann Metropolitane und endlich Patriarchen. Den Papst in Rom erkannte sie nicht an bis auf diesen Tag. Im übrigen teilt die morgenländische Kirche fast alle Irrtümer der römischen Kirche. Sie hat auch die Lehre von der Verdienstlichkeit der guten Werke; sie lehrt auch 7 Sakramente, statt der Firmung hat sie das Chrisma (Salbung, in unmittelbaren Anschluß an die Taufe erteilt). Beim heiligen Abendmahl hat sie nicht die Kelchentziehung, was auch ein Hauptstreitpunkt zwischen der griechischen und römischen Kirche ist. Die kleinen Kinder lassen sie schon zum Abendmahl zu. Im Gottesdienst haben sie auch den Heiligendienst, die Bilderverehrung, noch stärker wie die Katholiken; auch die Engelanbetung wird sehr geübt. Die Predigt wird zumal in der russischen Kirche fast gar nicht gepflegt. Der Gottesdienst ist nur liturgisch, aber ohne jede Beteiligung der Gemeinde. Wenn der griechisch-katholische Christ in sein Gotteshaus tritt während des Gottesdienstes, hört er vielleicht einen Augenblick hin auf den Gesang der Geistlichen und des Chores, im übrigen sucht er sich das Heiligenbild heraus, vor dem er seine besondere Verehrung vollziehen will, kauft sich eine Kerze, wirft sich zur Erde nieder und verrichtet so seine spezielle Andacht an seinen sonderlichen