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IV.

Nun ferner ein Wort von den höheren Betätigungen der Kirche, ja von ihrer höchsten Betätigung. In alten Erntefestgebeten und -Vermahnungen kann man lesen: Gott möge geben, daß wir die zeitlichen Gaben so anwenden, daß sie auch für den Bau von Kirche und Schule dienen. Das kommt uns recht nüchtern vor und doch liegt viel darin. Wir dürfen ja freilich an höhere Werke der Sache Gottes denken, die Werke für die Ausbreitung des Reiches Gottes, die Mission, das gewaltigste Werk, auf dem gewaltigsten Wort Jesu Christi ruhend, das sie zum Stistungsbrief hat: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und macht zu meinen Jüngern alle Völker.“ Die Mission ist so alt wie die Kirche selber und hat den besonderen Auftrag des Herrn: „Ihr sollt meine Zeugen sein.“ Wie war es mit dem Missionswerk in der Reformationszeit? Unter unsern Missionsliedern steht voran Luthers Lied „Es woll uns Gott genädig sein,“ indem es heißt: „Es danken Gott und loben dich die Heiden überalle.“ Luther hat das aber nicht als Missionslied gemeint und versteht unter „Heiden“ die Völker, die im Unterschied von Israel in die Kirche eingetreten sind. An das Missionswerk selbst hat er nicht gedacht. Das ist wohl erklärlich, er hatte das richtige Weltbild noch nicht, er hatte keine Vorstellung von der eigentlichen Ausdehnung der Erde; die ihm bekannten Länder hatten meist früher schon das Christentum gehabt. Er glaubte, daß die meisten Heiden das Evangelium schon gehabt hätten und meinte, daß sein Werk die letzte göttliche Gnadenposaune vor dem Einbruch des Weltendes sei. So blieb sein Blick auf die Heimat gerichtet. Die katholische Kirche hat einen weiteren Blick bewiesen. Bald nach der Reformation begann sie eine große Missionstätigkeit, die durch den Namen Franz Xaver, der in China und Japan missionierte, bezeichnet ist. Die Reformierte Kirche ist lange auch nicht zur Heiden-Mission gelangt, obwohl sie Länder wie Holland und England, die durch Seeverkehr unmittelbarer dazu berufen gewesen wären, zu ihrem Gebiet rechnete. Für die lutherische Kirche erklärt sich dass späte Eintreten in das Missionswerk aus den schweren Zeiten des 30jährigen Krieges, auch aus der landesherrlichen Gebundenheit und den engen Gesichtspunkten der Kirchenleitung. Ein Mangel ist und bleibt das; doch hat die lutherische Kirche den Ruhm, daß sie unter allen evangelischen Kirchen zuerst in die Missionsarbeit eintrat. Eine Mahnung gab Freiherr Justinian von Welz im Jahre 1664, aber erst im Jahre 1705 kam es dazu, daß durch den lutherischen König Friedrich IV. von Dänemark zum ersten Mal ein Missionswerk begonnen wurde. Auf seine Bitte wurden Ziegenbalg und Plützschau von Halle aus nach Indien gesandt und wurden die Begründer der Tamulen-Mission. Leider ist diese