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oft er zum Sakramente ging, das war wohl ein Mißgriff. Die Reformatoren hatten es sich mehrfach überlegt. Sie wollten sie beibehalten aus erziehlichen Gründen um des Volkes und der Jugend willen in der Erkenntnis, daß die Kirche nur so in erziehlicher Weise kräftig einwirken kann. Abgeschafft wurde sie erst durch den Nationalismus und am spätesten in den fränkischen Ländern, in Berlin schon 100 Jahre früher als in Ansbach, in Ansbach 1790 und in Nürnberg noch etliche Jahre später, in Nürnberg freilich mit der Wirkung, daß die Kommunikantenzahl sofort um die Hälfte zurückging.

Zu einer einheitlichen Verfassung ist unsere Kirche nicht gelangt und nicht zu einer einheitlichen Gottesdienstordnung. Es soll Freiheit im Gottesdienst walten, nur keine Freiheit, die zur Willkür wird. Eine von Gott zusammengeführte Landeskirche müßte eine gewisse Einheitlichkeit sich bewahren, doch sei auch Freiheit gestattet. Das Liturgische des Gottesdienstes in reicherem Maße wieder zu verwenden, den Psalmengesang wieder einzuführen, hat sich Löhe besonders zum Ziele gesetzt; durchführbar hat sich diese Ordnung nur in Diakonissenhäusern und in den separierten Gemeinden erwiesen; das Gros der Landeskirchen hat sich dafür nicht sehr verständnisvoll gezeigt bis auf diesen Tag. Es bleibt Löhe’s großes Verdienst die Gottesdienste unseres Hauses herrlich ausgestaltet zu haben. Mit der Privatbeichte verhält es sich ähnlich, ebenso mit dem häufigeren Empfang des Sakramentes. Wollen wir uns freuen, daß wir in unserem Hause ein so reiches gottesdienstliches Leben besitzen; möchte es recht geschätzt und gebraucht werden!

Ich kann sagen: Ein Segen einer besseren liturgischen Ordnung ist vor allem die reichere Darbietung des Wortes Gottes. Wie wird das Wort Gottes in die Herzen gesungen durch den Psalmengesang, viel mehr angeeignet, als wenn man sie liest. Und zu wieviel Lektionen gibt unsere liturgische Ordnung Raum. Unterweisung der Gemeinde im Gebetsleben ist weiter ein wichtiger Segen der liturgischen Ordnung. Die Möglichkeit der Beteiligung der Gemeinde selber am Gottesdienst durch Sprechen, das ist recht eigentlich der Grundgedanke der Liturgie. Das ist nicht katholisch, sondern evangelisch. Es ist merkwürdig, daß die katholische Kirche im Gegensatz zu ihrem Amtsbegriff der Gemeinde ziemlich viel Beteiligung am Gottesdienste zuläßt; das ist ein Rest des Guten, das sie besitzt. Besonders der Gedanke der Vereinigung zur Anbetung wird zur Darstellung gebracht. Dann dürfen wir doch auch sagen: je mehr die Gemeinde im Gottesdienst sich zusammenfindet durch reichen Gebrauch von Gottes Wort, durch Gesang und Gebet, desto mehr können die Gottesdienste werden, was sie doch eigentlich sein sollten – Vorbilder der Gottesdienste dort im obern Heiligtum. Dort wird alles, was hier unvollkommen ist, vollendet sein, das,