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Rechtfertiungslehre das rechte Verhältnis von Glauben und guten Werken, von Gesetz und Evangelium. Wie die Konkordienformel sagen kann, daß man weiß, was Gesetz und was Evangelium ist, wozu sie beide dienen, das Gesetz um zur Buße, das Evangelium um zum Glauben zu führen, das ist ein helles Licht, das in der Zeit der Reformation der Kirche erst richtig aufgegangen ist, wie die Konkordieuformel schön sagt: „Gesetz ist alles, was die Sünde straft, Evangelium ist alles, was Gnade verkündigt.“

Selbst die entferntesten Punkte der kirchlichen Lehre werden von der Rechtfertigung aus klar, wie etwa die Lehre vom Sonntag, die Melanchthon in der Augsburgischen Konfession mit sieghafter Klarheit echt evangelisch dargestellt hat. Ja von der Rechtfertigungslehre ist die rechte Beurteilung des ganzen kirchlichen Wesens möglich. Da hat man alsobald gewußt, was man vom Ablaß, vom Klosterwesen u. s. w. zu halten hat. Sie gibt auch die rechte Stellung zur Schrift selber, daß Luther sagen konnte, was Christum treibt und was die Rechtfertigung aus dem Glauben lehrt, das gehört wahrhaft ihr zu, oder wie wir auch sagen dürfen: alles das darf uns Denkmal und Urkunde der Offenbarung Gottes sein und erweist sich als Bestandteil der Schrift, die Christum zum Mittelpunkt hat. So haben wir von der Rechtfertigungslehre aus klar und deutlich den Weg zur Seligkeit: Buße und Glauben, tägliche Vergebung der Sünden, die Liebe, die aus dem Glauben kommt und die in guten Werken sich erweist.

Ein weiterer großer Hauptpunkt in der Lehre unserer Kirche ist die richtige Lehre von den Sakramenten. Die römische Kirche übertreibt sie wie durch Mehrung ihrer Zahl so darin, daß sie dieselbe als Kanäle betrachtet, durch welche die Gnade gleichsam eingeflößt wird, sodaß sie wie zauberhaft wirken und die Aneignung durch den Glauben nicht erforderlich ist. Die reformierte Kirche unterschätzt die Sakramente, indem sie sie geradezu willkürlich mindert, wie denn die Heilsarmee das Heilige Abendmahl hat fallen lassen. Unsere Kirche erkennt die Sakramente als reale wirkliche Gnaden und Gaben, als Unterpfänder des Heilsstandes an. Wir empfangen unter dem sichtbaren Zeichen das himmlische Gnadengut. Großes haben wir an der richtigen Lehre von den Sakramenten, nämlich die Erkenntnis von der Gewißheit des Heilsstandes. Die katholische Kirche findet die Garantie des Heilsstandes für den Einzelnen in der einfachen Zugehörigkeit zur alleinseligmachenden Kirche. Die reformierte Kirche weist hinsichtlich der Heilsgewißheit auf die Lebenserneuerung hin, wodurch wieder ein gesetzlicher Zug in die reformierte Kirche hereinkommt. Unsere Kirche findet die Heilsgewißheit dargeboten durch die Gnadenmitel, besonders durch die Sakramente als die sichtbaren Unterpfänder. So gewiß ich getauft bin, bin ich in die Gemeinschaft Christi aufgenommen; so gewiß