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die Bildung konnte Gemeinbesitz werden, da jedermann sich Bücher verschaffen konnte. Es ist auch nicht Zufall, daß zur Zeit Luthers – man meinte, bis vor kurzen von ihm selbst – die Buchstabiermethode für das Lesenlernen in den Schulen erfunden worden ist. Durch die Erfindung der Buchdruckerkunst ist auch der Gebrauch der heiligen Schrift, die Verbreitung der Bibel in den weitesten Kreisen möglich geworden; denn bis dahin waren die mit der Hand geschriebenen Bücher unendlich teuer. So ist es auch merkwürdig, daß das erste größere Buch, das Guttenberg gedruckt hat, die lateinische Bibel (vollendet 1456) gewesen ist.

Auch eine andere Erfindung aus anderem, noch mehr äußerlichem Gebiet mußte in gewissem Sinn zur Vorbereitung einer neuen Zeit dienen. Das ist die schon 100 Jahre vorher ebenfalls in Deutschland gemachte Erfindung des Schießpulvers, das nachweislich erstmals 1415 in der Schlacht bei Azincourt zur Verwendung gekommen ist. Damit wurde dem Rittertum allmählich ein Ende gemacht. Die Schlacht zwischen Mühldorf und Ampfing im Jahr 1322, in welcher Ludwig der Bayer, der erste Kaiser aus bayrischem Stamm, seinen Gegner, Friedrich den Schönen von Oesterreich besiegte, wird als die letzte eigentliche Ritterschlacht bezeichnet. Bis dahin kämpften die Ritter; jetzt durch Erfindung des Schießpulvers fiel das Hauptgewicht auf das Fußvolk und zunächst auf die Landsknechte. Der Ritterstand hatte seine Bedeutung als einziger wehrhafter Stand verloren. An die Stelle des Ritterwesens im Mittelalter trat das Bürgertum.

So ist bedeutsam im Zusammenhang damit das Emporkommen der Städte, das kurz vor der Reformationszeit besonders hervortrat in seinem Bestreben von den Landesherren sich unabhängig zu machen und womöglich unmittelbarer Reichsstand zu werden. Der Bürgerstand hat den Fortschritt der Zeit getragen und die Städte sind es besonders gewesen, in welchen das Reformationswerk am meisten Anklang und begeisterte Aufnahme fand. Was hat eine Stadt wie Magdeburg der Kirche der Reformation alles getan in schwerer Zeit und in ihrer Weise auch die Stadt Nürnberg. Auf anderem Gebiet muß hingewiesen werden auf die Entstehung der Universitäten, der Hochschulen, als höchster Bildungsstätten derer, die als Führer des Volkes auf geistlichem oder weltlichem Gebiet berufen waren. Es ist doch nicht zufällig, daß Luther seinem Hauptberuf nach sein Leben lang Professor der Theologie an der Universität Wittenberg gewesen ist. Die Universitäten als universale, d. h. allumfassende Stätten der höchsten Bildung, kamen zunächst in Italien auf. In Deutschland sind die ältesten Universitäten Prag 1348, Heidelberg 1383 und Leipzig 1409 gegründet. Die Universität Wittenberg war im Anfang des 16. Jahrhunderts im Jahre 1502 von Kurfürst Friedrich dem Weisen gestiftet worden.