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Ein Freund von ihm, dessen Namen wir nicht kennen (der aber jedenfalls nicht Alexius hieß), starb eines plötzlichen Todes. Er selbst verwundete sich mit dem Degen, den damals die Studenten führten, so daß er sich fast verblutet hätte. Aber entscheidend war jener Augenblick des Jahres 1505, da bei der Rückkehr von einem Ferienbesuch bei seinen Eltern der Blitz unmittelbar neben ihm in die Erde fuhr. Damals rief er aus: „Hilf, liebe St. Anna, ich will ein Mönch werden!“ Dies Gelübde ging nicht aus augenblicklichem Erschrecken hervor, sondern war das Ergebnis bedeutsamer Vorgänge in seinem Innern, da er von Jugend aus ernst gerichtet war, und die Sorge um die Seligkeit in seinem Herzen trug, wie auch das Ergebnis seiner bisherigen Anschauung, daß der Mönchstand der verdienstvollste Stand sei. Das Gelübde mußte nach seiner Ansicht gehalten werden. So machte er am 16. Juli 1505 einen Abschied mit seinen Freunden und erklärte den Tieferschreckten: „Heute seht ihr mich noch, morgen nimmermehr!“ Er klopfte am nächsten Morgen an die Pforte des Augustiner-Klosters an. Sein Vater war darüber hoch erzürnt, denn er hielt nicht viel auf den Stand der Geistlichkeit, der damals keiner großen Ehre wert war. Er hatte doch einen Juristen aus ihm machen wollen und dachte ihn sich schon als kaiserlichen Rat oder in sonst einer hohen Würde.

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Was waren aber nun Luthers weitere Erfahrungen? „Wo ein Mönch durch Möncherei in den Himmel gekommen wäre, wollte ich auch hineingekommen sein.“ „Je mehr ich mir aber die Hände wusch«, sagt er ein andermal, „desto mehr Flecken kamen zum Vorschein.“ Er versuchte durch strengste Erfüllung der Mönchsgelübde der Seligkeit gewiß zu werden. Als ihm das weiße Ordenskleid der Augustiner angelegt wurde, glaubte er mit dem Rocke der Gerechtigkeit Christi gekleidet zu sein. Der ersehnte Friede kam aber nicht. Er kämpfte und rang durch Jahre hindurch. Das erste entscheidende Trostwort rief ihm sein alter Novizenmeister zu, dessen Namen wir nicht kennen, der ihm sagte: „Es steht doch im Glaubensbekenntnis: ich glaube eine Vergebung der Sünden.“ Der Ordensobere D. Johann von Staupitz, aus der edlen Mystik hervorgegangen, konnte ihm klar den Weg zur Gnade Gottes zeigen, doch allerdings wollte auch sein Wort noch nicht völlig verfangen. Im Jahre 1508 versetzte ihn Staupitz nach Wittenberg, da er ihn zum Lehrer der Theologie bestimmt hatte. Zunächst hatte er freilich philosophische Fächer zu lesen. Die Reise nach Rom 1510 ist nach Luthers Aeußerung nicht so entscheidend gewesen für seinen inneren Gang, als man gewöhnlich annimmt. Er ging, als Begleiter des eigentlich nach Rom gesandten Ordensangehörigen hin und hatte reichlich Zeit sich die Stadt zu besehen. Er sah viel dort und später hat er es hoch gewertet und gesagt: „Nicht viel gebe er darum,