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und deutschen Kaiser, denn mit Heinrich IV. kam er in schwersten Konflikt. Innozenz III., in dessen Regierung das Jahr 1215 einen Markstein bezeichnet, zeigt das Papsttum auf der Höhe seiner Macht. Dann Bonifacius VIII. ums Jahr 1300 zeigt uns zwar die päpstliche Anmaßung aus der höchsten Höhe; denn er erließ eine Bulle, in der er es für Ketzerei erklärte, wenn jemand dem Kaiser eine selbständige Stellung neben dem Papst zuerkannte. Aber mit ihm begann auch der Niedergang, da mächtige Fürsten, zumal König Philipp von Frankreich nicht gewillt waren, diese Anmaßung anzuerkennen. So ist das Papsttum in der Kirche emporgekommen. Man kann sagen, daß es in gewissem Sinn zur äußerlichen Erziehung der Völker beigetragen haben mag. Aber die Einrichtung selbst war nicht nach Christi Sinn. In Prag bei den Kämpfen zwischen Huß und seinen Gegnern haben späterhin zwei Engländer ein anzügliches Bild aufgestellt, auf der einen Seite Christus auf dem Esel einziehend, auf der andern Seite der Papst wie ein Kaiser geschmückt auf stolzem Rosse. Dieses Spottbild zeigt am besten, was in Wahrheit vom Papsttum zu denken ist.


III.

Diese falsche Stellung des Papsttums, das sich anmaßt, der Herr in der Kirche, ja auch der Herr des Glaubens zu sein, brachte vor allem eine falsche Stellung der Kirche zur Quelle der Wahrheit mit sich. Auch das Papsttum will sich auf das Wort Jesu Christi Matth. 16 stützen, aber es ist das eine Mißdeutung, die sich aus der Schrift selber leicht widerlegen läßt. Denn was der Herr zu Petrus sprach: „Ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben,“ das hat der Herr bald darnach, wie Matth. 18, 18 zu lesen steht, zu allen gesagt, und wenn der Herr zu Petrus sagt: „Auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde,“ so legt uns Paulus im Epheserbrief (2, 19 ff.) des näheren dar, daß die Kirche gegründet ist auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist. Tatsächlich konnte sich der Papst bei diesen und anderen irrigen Lehren doch nur berufen auf kirchliche Ueberlieferung, die unsicher genug war.

Das ist die starke Abweichung von der reinen, lauteren Quelle der Wahrheit. In der Stellung zur kirchlichen Ueberlieferung zeigt sich wieder die verschiedene Anschauung der Hauptkonfessionen. Die katholische Kirche stellt die kirchliche Ueberlieferung der Schrift völlig gleich, öfter sogar tatsächlich über sie. Die reformierte Kirche verwirft jede Ueberlieferung in der Kirche ganz. Die lutherische Kirche erkennt das kirchlich Gewordene an, soweit es mit der Schrift übereinstimmt oder in äußerlichen Dingen, soweit es ihr nicht widerspricht.