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zurück. Es gibt eine ewige Erwählung und so geht die Erwählung Gottes auch auf die Kirche Gottes. Gott hat eine Kirche, eine Menschheit Gottes gewollt zu seinem Eigentum. Das ist Anfang und Schluß der Bibel zugleich. Auf dem 1. Blatt der Bibel wird gesagt, daß Gott die Welt, die gegenwärtige Menschheit geschaffen hat und auf dem letzten Blatt wird die Neuschöpfung von Himmel und Erde verheißen, auf welcher eine Menschheit wohnt, die ganz Gott gehört und dient. Es kann nun freilich dagegen eingewendet werden, warum dann nicht alle Menschen selig werden. Wenn Gott die Seligkeit aller wollte, müßte doch Gottes Wille hinausgeführt werden und so wird man wenigstens auf die Meinung gebracht, daß doch Gott selbst eine Auswahl getroffen habe müsse in seinem verborgenen Rat, in den wir nicht hineinsehen können. So hat selbst Luther zeitweise gelehrt gegenüber Erasmus. Freilich durch seine Lehre von den Gnadenmitteln, durch deren objektive Kraft und Giltigkeit allen wirksam Gnade angeboten und Rettung oder Verlorengehen in ihre Hand gelegt wird, hat er die übeln Folgerungen dieser Lehre abgebrochen. Die Lösung wird auf dem Punkt liegen: Gott hat ganz gewiß die Seligkeit aller Menschen gewollt und will sie noch heute; aber er will sie nicht anders als in Christo und unter der Voraussetzung des Glaubens an ihn, den er ermöglicht durchs Evangelium. Die nicht glauben, die stellen sich selbst außerhalb des göttlichen Ratschlusses, außerhalb der göttlichen Erwählung. So sieht es auch der Apostel an in dem wichtigen Wort Röm. 8, 29. 30: „Welche er verordnet hat … herrlich gemacht.“ Er will mit dieser Reihe von Sätzen sagen, daß Gott, soweit es an ihm liegt, seinen Gnadenrat hinausführt, vorausgesetzt, daß wir seinen Gnadenwillen nicht hindern oder gar zu nichte machen. Und so bleibt es ein großer Trost für uns zu wissen: Gott hat uns schon vor Grundlegung der Welt zu seinen Kindern auserwählt und er will sein Werk an uns gewiß hinausführen. Es bleibt ein Trost hinsichtlich der Kirche, daß Gott eine ewige Kirche gewollt hat und er führt sein Werk herrlich hinaus.


II.

Im vorigen Jahr habe ich die Glaubenslehre hier dargelegt unter dem Gesichtspunkt der heiligen Liebe und da durften wir die Kirche erkennen und nennen – wie Löhe es so schön ausdrückt – als den schönsten Liebesgedanken Gottes. Gott hat eine Welt gewollt; aber er hat sie nicht auf einmal ins Dasein gerufen, sondern allmählich. Gott hat in der Welt Gottes eine Menschheit Gottes gewollt, die sein Eigentum sei; aber auch sie hat er stufenweise in allmählichem Werden entstehen lassen. Schon im Alten Testament nimmt die Menschheit Gottes ihren Anfang, damit, daß Gott in