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MARTIN HEIDEGGERS EXISTENTIALPHILOSOPHIE
SEIN UND ZEIT

Es ist nicht möglich, auf wenigen Seiten ein Bild vom Reichtum und der Kraft der oft wahrhaft erleuchtenden Untersuchungen zu geben, die in Heideggers großem Torso Sein und Zeit enthalten sind. Vielleicht hat kein anderes Buch in den letzten zehn Jahren das philosophische Denken der Gegenwart so stark beeinflußt wie dieses[1], wenn man vielfach auch den Eindruck bekommt, daß nur die neugeprägten Worte aufgegriffen wurden, ohne daß man ihren radikalen Sinn und ihre Unvereinbarkeit mit dem übrigen begrifflichen Rüstzeug, das unbedenklich daneben verwendet wird, erkannt hätte[2].

Es kann hier nur versucht werden, die Grundlinien nachzuzeichnen, um dann dazu Stellung zu nehmen, soweit das möglich ist.


A. Wiedergabe des Gedankenganges

Ziel des Werkes ist es, „die Frage nach dem Sinn von Sein erneut zu stellen[3]. Begründet wird diese Zielsetzung einmal mit dem sachlich-wissenschaftlichen Vorrang der Seinsfrage: „Alle Ontologie


  1. Maximilian Beck (Philosophische Hefte 1, Berlin 1928, S. 2) sagt, es seien darin „alle lebendigen Probleme gegenwärtiger Philosophie am konsequentesten zu Ende gedacht“.
  2. Georg Feuerer, Ordnung zum Ewigen, Regensburg 1935, ist durchweg von Heideggers Gedanken bestimmt, nennt aber niemals seinen Namen und schiebt seinen Ausdrücken einen Sinn unter, der den Eindruck erweckt, als sei das Ganze ohne weiteres mit den christlichen Grundwahrheiten in Einklang zu bringen.
  3. Sein und Zeit, Vorwort S. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Edith Stein: Martin Heideggers Existentialphilosophie. Editions Nauwelaerts, Louvain 1962, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Edith_Stein_-_Welt_und_Person.pdf/69&oldid=- (Version vom 31.7.2018)