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Darstellung der hl. Teresia von Jesus

„Der Herr pflegt noch auf andere Weisen die Seelen zu wecken. Unerwartet, und ohne an etwas Innerliches zu denken, scheint manchmal die Seele, während sie auch nur mündlich betet, von einer wonnevollen Entflammung erfaßt zu werden. Es kommt ihr da vor, als lasse sich plötzlich ein so starker Wohlgeruch (in ihr) wahrnehmen, daß er sich allen Sinnen mitteilt“[1]. Wohlgeruch ist dabei wieder nur ein Bild für das, was gemeint ist. Dadurch „will der Bräutigam der Seele nur zu erkennen geben, daß er da sei“[2].

Eine dritte Art sind „gewisse Ansprachen an die Seele, die von mannigfacher Art sind. Es scheinen nämlich einige … von außen, einige ganz aus dem Innern der Seele und wieder andere aus ihrem oberen Teil zu kommen“[3]. Bei all diesen Ansprachen ist Täuschung möglich, denn sie können „von Gott, vom bösen Feinde oder von der eigenen Einbildungskraft herrühren“[4]. „Das erste und sicherste Zeichen“ ihrer göttlichen Herkunft „ist die Macht und Herrschaft, welche die Ansprachen Gottes mit sich führen; denn da ist Sprechen und Wirken vereint“[5]. Ist z.B. die Seele „ganz erfüllt von Trübsal und innerer Unruhe, in… Verfinsterung des Verstandes und Trockenheit des Geistes“ und „vernimmt sie nur ein einziges Wort, wie z.B.: „Betrübe dich nicht!“, so ist sie „beruhigt, von ihrer Trübsal befreit und voll des klarsten Lichtes“[6].

„Das zweite Zeichen, welches den göttlichen Ursprung solcher Ansprachen zu erkennen gibt, ist, daß dieselben in der Seele eine große Ruhe zurücklassen, eine andächtige und friedvolle Sammlung in ihr bewirken und sie zum Lobe Gottes anregen“[7]; das dritte, daß sie „sehr lange und manchmal gar nie mehr dem Gedächtnis entschwinden“. Dazu kommt der feste Glaube, daß solche Worte, wenn sie Zukünftiges voraussagen, sich erfüllen werden, auch wenn die Erfüllung Jahre hindurch auf sich warten läßt und unmöglich scheint.

Für ganz sicher von Gott kommend hält sie die Ansprachen, die nicht mit den Sinnen oder der Einbildungskraft vernommen werden, sondern rein verstandesmäßig. Sie sind durch eine so große Deutlichkeit ausgezeichnet, „daß die Seele es merken würde, wenn dem Vernommenen auch nur eine Silbe fehlte… Zweitens vernimmt


  1. a.a.O. S. 160.
  2. a.a.O. S. 160.
  3. a.a.O. S. 161.
  4. a.a.O. S. 163.
  5. a.a.O. S. 164.
  6. a.a.O. S. 164.
  7. a.a.O. S. 165.
Empfohlene Zitierweise:
Edith Stein: Die Seelenburg. Editions Nauwelaerts, Louvain 1962, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Edith_Stein_-_Welt_und_Person.pdf/53&oldid=- (Version vom 31.7.2018)