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vergessen, besonders von dem „naiven Hirtenvolk", das die Schweizer – nach den Erscheinungen der jüngsten Zeit zu schließen – trotz allen Einflüssen der Fremdenindustrie geblieben zu sein scheinen.

II.
SYMPATHIEN

Daß in der Schweiz sich je nach dem Sprachbezirk Sympathien für die Sprachgenossen äußern, ist eine natürliche Erscheinung, die durch die Abhängigkeit von den großen nationalen Literaturzentren begründet ist. Ich sehe darin keine Gefahr für unsere Neutralität gegenüber dem Ausland. Die Nachbarn mögen die Sympathieäußerungen auf jeder Seite buchen. Plus und Minus heben sich für die Gesamtheit auf. Es liegt sogar in dem Mut, mit dem diese Sympathien trotz offizieller Zurückhaltung sich zutage ringen, ein erfreuliches Symptom: die Schweizer galten im Auslande gar zu sehr als Opportunisten, jetzt zeigt sich, daß Sie Idealisten sind, deren Gefühle sich durch Rücksichten auf ihre bisherige Fremden-Klientel nicht beeinflussen lassen. Für die innere schweizerische Einheit bangt mir ob dieser Gegensätze der nationalen Gefühle nicht. Wir haben in unserer fünfhundertjährigen Geschichte schon größere und heftigere Gegensätze überwunden. Die Reformation hatte die Schweiz in zwei Lager geteilt, deren ganze Weltanschauung auseinanderging, die in auswärtiger Politik mit den gegenseitigen auswärtigen Religions- und Bundesgenossen sympathisierten, sie sogar unterstützten. Dieser Gegensatz hat freilich der Eidgenossenschaft manchen Schaden zugefügt, die

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Robert Durrer: Kriegsbetrachtungen. Rascher & Cie., Zürich 1915, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DurrerKriegsbetrachtungen.pdf/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)