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der Hindukuli nichts tun. Um jede Kleinigkeit entspinnt sich ein hitziges Wortgefecht; es bleibt aber stets bei Drohungen, zugeschlagen wird nie! Und was wird alles auf den Bahnsteigen lautschallend ausgeboten: Backwaren und Teppiche, Zeitungen und Früchte, Messingschüsseln und Fliegenwedel, Milch und Betelblätter, Süßigkeiten und Kokosnüsse, Blumen und Zuckerrohr, Papageien und Affen — kurz, beinahe alles, außer Bier und warmen Würstchen. Wer sich daheim in den Hundstagen bei jeder Station feuchtfröhlich einen Schnitt „frisch vom Faß“ einzuverleiben pflegte, ist also hier übel daran. Und Würstchen? In Indien gestopfte? Lieber nicht!

Backwarenverkäufer.

Was aber den Lärm so entsetzlich und nervenaufregend macht, sind Töne anderer Art, überirdische, blökende Laute, von denen man zuerst nicht sagen kann, woher oder aus welcher Richtung sie kommen.

Händler mit Süßigkeiten.

Die Bahnhofsmauern bestehen meist aus roten Ziegeln, die mit Lücken neben- und aufeinander geschichtet sind; durch diese weitmaschigen Mauernetze wird wenigstens eine geringe Bewegung der unter dem Wellblechdach des Stationsgebäudes siedenden Luftmasse ermöglicht. Aber durch diese Lücken zwischen den einzelnen Steinen grinst es von außen entsetzlich herein: alle die Krüppel, Fakire, Bettler, Aussätzigen und Wahnsinnigen, die der Stock des Polizisten vor dem Betreten der Bahnhofshalle zurückschreckt, sie schielen oder stieren blöden Auges durch diese Gucklöcher in das brausende, bunte Gewimmel auf den Bahnsteigen, strecken ihre hageren, nackten Arme mit krallenden Fingern — hie und da auch wohl einen verkümmerten Beinstummel — flehend durch

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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/92&oldid=- (Version vom 6.9.2019)