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durch die Pungis Geld gesammelt worden, denn wie aus Ceylon sieht man auch in Birma die jüngeren Pungis tagtäglich mit ihren hier oft durch prachtvolle, getriebene Silberreliefs verzierten Almosenschalen von einer Tür zur anderen pilgern, um auf diese Weise, jedoch ohne darum zu bitten, den Lebensunterhalt für sich und ihre Amtsbrüder einzusammeln. Zur Essenszeit kehren sie reichbeladen in langen Zügen zu den Klöstern zurück.

Frau aus Katschin.

Nun war endlich der festliche Tag erschienen, wo das hochragende Symbol der Fürstenwürde für immer über der äußersten, höchsten Dagobaspitze befestigt werden sollte; in diesem Falle könnte ich dafür auch Tempelspitze sagen, da diese Dagoba in ihrem unteren Teile tatsächlich mächtige Gewölbe für Gebets- und Opferhandlungen enthielt und nicht nur mehr oder weniger kostbare eingemauerte Reliquien umschloß, wie z. B. in der Dagoba zu Buddha Gaja noch heutigen Tages der Diamantthron des „weißen Fürstensohnes“, d. h. des späteren Buddha, sowie eine Statue desselben verborgen sein soll, die uralter Sage nach aus Elfenbein und sämtlichen indischen Edelsteinarten hergestellt wurde.

Vornehmes Mädchen aus dem Sikhim-Himalaja.[WS 1]

Aus allen, selbst den entlegensten Teilen Hinter-Indiens, aus den Laos- und Schan-Staaten[WS 2], ja sogar aus Siam und den östlichen Himalajaländern waren zu diesem Feste Buddhisten herbeigeströmt, so daß um die Pagode herum mehr als acht Tage hindurch ein unvergleichliches Völkergetümmel und Sprachengewirr herrschte, wie es selbst beim Turmbau zu Babel nicht ärger gewesen sein kann; ich stehe nicht an, dies Völker-Kaleidoskop, in das ich damals blickte, zu den allerinteressantesten Eindrücken meiner sämtlichen fünf Asienreisen zu zählen, denn an jeder Stelle des Festplatzes tauchten urplötzlich Figuren von erstaunlicher Eigenart auf.

Unterscheiden sich schon die Birmanen, besonders die weiblichen, auf den ersten Blick von den Hindus und den Hindufrauen in Vorder-Indien, so erschienen hier für mich ganz neue Muster indo-chinesischer Völker. Wild und kriegerisch blickende Männer aus Katschin[WS 3], dralle junge Mädchen und

abscheuliche, unsaubere und verwitterte Waldhexen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Sikhim: vergleiche Sikkim
  2. WS: Schan: vergleiche Shan
  3. WS: Katschin: vergleiche Kachin-Staat (zum Territorium) sowie Jingpo (zum Volk)
Empfohlene Zitierweise:
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/65&oldid=- (Version vom 1.7.2018)