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stark an Körperbau, wie sie durch diese aufgeblähten Ärmel, mehr aber noch durch die Beinkleidung erscheinen, die aus einem breiten und ungeheuer langen, in zahllosen Lagen übereinander gewickelten Musselinstreifen und einem gestickten Gürtel hergestellt wird. Der unter dem Kinn ausrasierte Vollbart macht die Erscheinung dieses Fürstensprößlings fast europäisch, dessen mit riesengroßen Perlen besetzter Ring am kleinen Finger ebenso wie die Perlenketten seiner Tochter wegen ihres hohen Wertes ins Auge fallen. Sicherlich sind es Erbstücke aus jenen Zeiten, wo der Ertrag der Perlfischerei an den Küsten noch den eingeborenen Herrschern gehörte.

Tochter des Sinhalesenhäuptlings.

Nach einer längeren Zeit des niedergehenden Erfolges scheint das mühsame Suchen nach Perlmuscheln wieder lohnender zu werden, und wenn erst Perlfischer in noch bedeutendere Tiefe zu tauchen vermögen, werden dort bisher noch völlig unberührte Bänke eine ungeheure Ausbeute herrlicher Perlen ergeben. Vorläufig liefert der persische Meerbusen weit mehr Perlen als Madras, wo der Mittelpunkt des indischen Perlhandels liegt. Daß aber selbst deutsche Flüsse, z. B. die Steinach in der Pfalz, Muscheln mit, allerdings zumeist sehr winzigen, Perlen enthalten, dürfte nicht allgemein bekannt sein. Wunderlich genug ist der sinhalesische Volksglaube, demzufolge die Perlen aus Tautropfen entstehen, die Buddha zu gewissen Zeiten vom Himmel in die der Atmung halber geöffnet an die Meeresoberfläche steigenden Muscheln hineinwirft. Aus diesem Grunde gelten zerstoßene Perlen als ein wundertätiges Heilmittel, das sich freilich nur wohlhabende gläubige Patienten zu Gemüte führen können.

Sinhalesische Teufelstänzer heilen einen Kranken.

Eine absonderliche Eigentümlichkeit der Insel sind die ceylonischen Teufelstänzer, die besonders in verkehrsfernen Gegenden noch in hohem Ansehen stehen. Die Sinhalesen sind ganz lächerlich abergläubische Leute, die in jedem Ereignis

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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/56&oldid=- (Version vom 1.7.2018)