Seite:Durch Indien ins verschlossene Land Nepal.pdf/51

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Namen, der Berg bedeutet, belegen; für die Sinhalesen ist sie noch immer Maha Nuwara, die große Hauptstadt, wie in jener Vorzeit, als gleichzeitig sieben Herrscher über die verschiedenen Teile Ceylons regierten und als der König von Kandi die kleine von Bambusstauden überwucherte Insel inmitten des in der Nähe des Königspalastes angelegten Sees noch als Strafplatz für in Ungnade gefallene Damen seines Harems benutzte; wie die Sage berichtet, wurden jene Unglücklichen in Säcke eingebunden auf diese Insel geschafft und den dort in den hohlen Bambusstauden nistenden Kobraschlangen preisgegeben.

Buddhazahn-Tempel in Kandi; rechts eine Dagoba.

Wie vor alters strömen auch noch heutigen Tages im Juli die buddhistischen Sinhalesen zum Perahera-Feste[WS 1] nach dem Wihara-Tempel[WS 2], dessen weiße Mauern weit über den See hinüberleuchten, um den Umzug des heiligen Dalada, eines Zahnes des Religionsstifters Buddha, zu sehen, der für gewöhnlich in eben diesem Tempel, von einer goldenen Lotosblume umschlossen, in kostbaren Kapseln verwahrt wird. Bei der Perahera-Prozession wird dieses Kleinod mit ungeheurem Pomp und rauschender Musik unter einem Baldachin auf dem Rücken eines außergewöhnlich riesigen Elefanten herumgetragen, der nicht einmal den üblichen Lenker tragen darf, sondern der von Kornaks[WS 3] auf nebenhergehenden kleineren Elefanten bewacht und geleitet wird. Das Getümmel der festlich gekleideten Menge wird dabei durch Tausende von Leuchtfeuern aus brennenden Kokosnußkernen erhellt, und betäubend dröhnt das Geräusch der Musikanten und der mit Flitterputz geschmückten Tänzer, die im Rhythmus der immer rasender werdenden Musik kurze harte Holzstücke aneinander schlagen; diese schwierige Vorführung wird in einer

Ballettschule in der Nähe des Tempels

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Perahera: vergleiche Kandy Esala Perahera
  2. WS: Wihara: vergleiche Vihara (buddhistisches Kloster); der eigentliche Name des beschriebenen Heiligtums ist Sri Dalada Maligawa
  3. WS: Kornak, Cornak: südindische Bezeichnung für Mahout
Empfohlene Zitierweise:
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/51&oldid=- (Version vom 1.7.2018)