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den harten, unverdaulichen Kaffeebohnen wissen die gefräßigen Tierchen jedoch nichts anderes anzufangen, als sie auf natürlichem Wege wieder loszuwerden. Aber ebensowenig wie den gewerbsmäßigen Geldsuchern in Paris eine in den Straßenstaub getretene Kupfermünze entgeht, ebensowenig übersehen die von dem Pflanzer zum Einsammeln solcher verstreuten Bohnen ausgeschickten Burschen die versteckten Häuschen dieses ganz besonders hochgeschätzten „Affenkaffees“[WS 1], den die Pflanzer aber nicht etwa in den Handel bringen, sondern ihn nur bei besonders festlichen Gelegenheiten als das beste, was sie bieten können, ihren Gönnern und Freunden verehren.

Doch die Zeiten der einstigen Kaffeeherrlichkeit sind für Ceylon vorüber, und nur sehr langsam hebt sich der Ertrag dieses Gewächses wieder, dessen Anbau hier einen merkwürdigen Entwicklungsgang durchgemacht hat. Solange der durch die Araber eingeführte Baum von den Eingeborenen nur seiner jasminähnlichen Blüten wegen für buddhistische Opferzwecke benutzt wurde, gedieh er prächtig auf der Insel. Nachdem aber die Holländer die Verwertung der Bohnen begonnen hatten und besonders als der Engländer Boy Tytler[WS 2] im Jahre 1837 einen übermäßigen Kaffeeanbau nach westindischer Methode einführte, stieg der Wert der Kaffeeausfuhr bald auf 60 Millionen Mark jährlich, was den Pflanzern mehr als 25 Prozent Gewinn abwarf.

Der Rückschlag nach dieser Hausse blieb nicht aus. Ein in den sumpfigen Dschungelbüschen wuchernder Pilz, Himeleja vastatrix[WS 3], der durch die fortschreitende Trockenlegung der Sümpfe und Dschungelausrodung seinen Nährboden verlor, suchte und fand ihn auf den angrenzenden, obendrein durch Überdüngung mit Chemikalien kränklich gewordenen Kaffeebäumen, wo er sich bald unausrottbar einnistete und die Kaffeebäume mit erschreckender Schnelligkeit überwucherte und erwürgte. Nur wenige mit besonderer Sorgfalt gehegte Pflanzungen blieben verschont. Im Jahre 1900 ist der Wert der Kaffeeausfuhr aus Ceylon auf rund 890 000 Mark und 1901 gar auf 776 000 Mark zurückgegangen, während selbst das Jahr 1895 noch für 8 Millionen 785 000 Mark Kaffee lieferte.[WS 4]

Den verarmenden, dem Bankrott entronnenen Kaffee-Pflanzern blieb nichts anderes übrig, als sich nach einem einträglichen Ersatz umzusehen; Kakao, Zimt, Chinarinde, Kardamom und vor allem Thee wurden als Lückenbüßer gewählt. Der Anbau von Theebüschen war bis dahin ein volles Jahrhundert hindurch nur mäßig betrieben worden, weil der Kaffee den auf schnellen Geldgewinn erpichten Fremden weit reicheren Nutzen brachte. Jetzt aber nahm die Theekultur auf Ceylon bald einen schier phantastischen Umfang an, der nicht nur dem chinesischen Thee, sondern auch dem auf dem indischen Festland an den Himalajavorhügeln gezogenen Thee beträchtlich Abbruch tat und noch immer in wachsendem Maße zufügt, so daß die Preise des indischen Thees mehr und mehr herabgedrückt wurden, wodurch der Wohlstand der Pflanzer trotz zunehmender Produktion beständig sinkt. 1901 kostete das

Pfund nur noch 33 Cents gegenüber 36 Cents im vorhergehenden Jahre,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Affenkaffee: vergleiche Kopi Luwak
  2. WS: Boy Tytler: gemeint ist Robert Boyd Tytler (1819-1882, „Father of Ceylon Planters“)
  3. WS: Himeleja vastatrix: vergleiche Kaffeerost (Hemileia vastatrix)
  4. WS: entspräche 2018 ca. 59 Mio. € (für 1895) und 5,1 Mio. € (für 1901)
Empfohlene Zitierweise:
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/43&oldid=- (Version vom 1.7.2018)