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Ich konnte dieses Werk, das keinerlei Ansprüche auf Vollständigkeit erhebt, wohl kaum mit einem großartigeren Gegenstande beenden, als mit der Wiedergabe der mir zu teil gewordenen Eindrücke des gewaltigsten Bergriesen unserer Erde, dem sowohl von Ost wie von West so nahe gekommen zu sein bisher noch keinem anderen europäischen Reisenden vergönnt gewesen ist. Durch die beiden Ansichten dieser Gebirgsgruppe von zwei entgegengesetzten Seiten bin ich in der Lage, auch meinerseits einiges Material zu dem Problem oder Versteckspiel dieses merkwürdigen Gipfels beizusteuern, der sich für viele ferner liegende Standpunkte ganz oder teilweise hinter der Berg XIII oder Makalu genannten Spitze verbirgt. So unsäglich genußreich für mich aber die Erinnerungen an diese unvergleichlichen Naturschauspiele auch sind, betrachte ich sie doch nur als eine Folge zahlreicher Glückszufälle; ein wahres Gefühl des Stolzes durchpulst mich jedoch beim Anblick der stattlichen Bilderreihen, durch die ich meine Beobachtungen nicht nur mir zur stillen Freude, sondern auch anderen zum bleibenden Nutzen festzuhalten vermocht habe.

Kumaonbewohner; das mit einem Nasenring geschmückte Mädchen trägt den Lastkorb an einem Stirnbande.

Die entweihte Lota. 1/7.

Es wäre undankbar, meine Plaudereien über das „verschlossene Land“ Nepal abzubrechen, ohne noch eine Überraschung zu erwähnen, die mir den Abschied von Nepal versüßte. Als ich bereits auf dem Rückwege von Katmandu nach dem Tschandragiripasse war, begegnete ich einem Manne, der mit seiner durch einen riesigen Nasenring geschmückten Tochter aus dem früher zu Nepal gehörigen Alpenlande Kumaon kam, wo ich dasselbe Paar bereits bei meiner ersten Himalaja-Reise getroffen und photographiert hatte. Wie ich gerade im Begriff stand, diesem Hirten seine Lota abzukaufen, weil ich sie in der Freude des Wiedersehens aus Versehen berührt und dadurch für seine ferneren rituellen Waschungen und Güsse unbrauchbar gemacht hatte, kam mir ein Adjutant des derzeitigen Staatslenkers Deb Schumscher nachgesprengt, um mir ein herrliches, schwer mit Silberverzierungen beschlagenes nepalisches Kukrischwert als Scheidegruß

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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/408&oldid=- (Version vom 28.8.2018)