zur Lösung dieses Problems beizusteuern. Ich bat mir nämlich von meinem schriftgelehrten Aufpasser mein Notizbuch aus, skizzierte darin die Kontur des Gaurisankar-Everest und bat ihn, mir die im nepalisch-tibetischen Grenzgebiet landläufigen Namen der höchsten Spitzen darüber zu schreiben.
Dem gestrengen Herrn Feldwebel schien keineswegs klar zu sein, was ich mit diesem Ersuchen bezweckte, zumal unsere Verständigung bei meiner sehr geringen Kenntnis seiner Landessprache manche Schwierigkeit hatte und nur durch Mithilfe von etwas Hindustanisch zu erreichen war. Soviel ich aus seinem Wortschwall und bei seiner undeutlichen, schnarchenden und stotternden Redeweise heraushören konnte, nannte er den Gipfel nach langer Beratung mit den Newari-Kulis mit einem Namen, der wie Ram Lotsumo Parhar klang; jedem, der die Aussprachsschwierigkeiten tibetischer Dialekte kennt, wird es nicht unmöglich erscheinen, daß mir in dem Lotsumo Parhar eine verstümmelte Form des tibetischen Namens Chomo Kankar vorgestellt worden ist, und ich gebe auch gern zu, daß ich das mir bekannte Wort Parhar, das Berg bedeutet, vielleicht deutlicher herausgehört habe als es gesprochen wurde. Die Hieroglyphen des Schreibers harren aber noch ihrer Enträtselung, da alle von mir bisher angerufenen Linguistenautoritäten erst wenige dieser Charaktere entziffern konnten. –
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/407&oldid=- (Version vom 28.8.2018)