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mir klar, daß dieser rätselhafte Zug gar nichts Geringeres vorstellte, als die Haremsdamen der in das Jagdlager ziehenden hohen Herren des Landes!

Der Harem des Maharadschah; bedeckte und verhängte Tragbahren.

Die zarten, lieblichen Wesen, die an mir vorbeigetragen wurden, konnten mich in meinem Versteck nicht gleich gewahren, und so vermochte ich mich an den reizenden Gesichtern ganz nach Herzenslust sattzusehen, da sie fast durchweg im offenen Tragstuhl und nur etwa acht oder neun in vergoldeten Palankins mit siebartig durchbrochenen Wänden befördert wurden. Die jungen Frauen schienen eben erst dem Mädchenalter entwachsen zu sein, und ich kann mich nicht entsinnen, weder in Birma noch in Japan liebreizendere Geschöpfchen gesehen zu haben. Sie saßen in ihren Dändis so munter wie in einer Wanne voll Schlagsahne, denn die zahllosen Lagen von feinstem, buschig gewelltem Seidentüll, die sich jede vornehme nepalische Dame um die Taille zu wickeln pflegt, bis sie aussieht wie eine Prima Ballerina, deren Röckchen bis zum

Links offener Tragstuhl, rechts verhüllte Tragbahre.

Fußboden verlängert sind, machen beim Niedersetzen der Damen tatsächlich den Eindruck von Schlagrahm oder Seifenschaum. Um die Freuden der Jagd recht vielseitig werden zu lassen, schienen die hohen Herren Nepals dem Grundsatz: „Kein Vergnügen ohne Damen!“ recht ausgiebig huldigen zu wollen, wenigstens nahm der Zug gar kein Ende, so daß ich schließlich der Versuchung nicht widerstehen konnte, meinen photographischen

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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/313&oldid=- (Version vom 1.7.2018)