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hätte es kein Halten gegeben, denn der Weg führte ohne jede Zickzackbiegung auf dem Grat einer Bergrippe so schnurgerade in die Höhe, daß das bei 5875 Fuß, also 2000 Fuß über Bhimpedi liegende Fort Sissagari bereits nach fünf Viertelstunden erreicht war. Der erste Blick zeigte, daß durch die Batterien dieses Forts jede Annäherung auf diesem fürchterlichen Pfade unmöglich gemacht werden kann und daß solche Annäherung nur auf einem Nebenaste des Rückens denkbar wäre.

Mir war nicht ganz behaglich zu Mute, denn ich hatte meinen Passierschein noch immer nicht erhalten und es unterlag keinem Zweifel, daß ich hier danach gefragt werden würde. Bei meinem Eintreffen am Festungstore trat auch sofort ein Offizier in lehmfarbiger Khakiuniform, mit schwarzem, tellerförmigem Turban, an dem eine handgroße Goldkokarde steckte, auf mich zu, bat mich um meinen Namen und händigte mir dann bei Fackelschein einen Streifen Bastpapier ein, den langersehnten Erlaubnisschein zum Betreten Groß-Nepals! Es war ein packender, wildschöner Anblick, als im Dunkel der Nacht die trotzigen, echt asiatischen Gestalten der Gorkhas mit lodernden Fackelbränden Spalier bis zum Eingang eines kleinen Rasthauses bildeten, worin ich Unterkommen finden sollte. Schon nach wenigen Minuten lag ich auf den weichen Kamelhaardecken meines Feldbettes und horchte auf das Brodeln meiner Theemaschine, die ein munteres Einzugsliedchen in das „verschlossene Land“ zu summen schien.

Bote mit Briefen für den Verfasser.

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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/307&oldid=- (Version vom 1.7.2018)