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Diese Bußübung wurde dadurch allerdings erleichtert, daß das Haupthaar fest mit einem Tuche umwickelt und dann ebenso wie der Körper mit einem dicken Brei aus Asche mit Wasser übertüncht wurde, der bald zu einer schützenden Kruste erstarrt.

Pilger nach dem Bade.

Wie Pilze nach Regenwetter erstehen an solchen Badefestplätzen große Sonnenschirme, unter denen Brahmanen kauern, um Gläubigen das Haar abzuschneiden, wovon jedes abgeschnittene und in den Strom geworfene einer Sünde gleichkommt, die dadurch vom Haupte und Sündenregister des sündigen Menschen verschwindet; andere malen den Wallfahrern nach vollzogenem Bade saubere Tilaks auf die Stirn oder wirken als Anführer, um nicht zu sagen Bademeister bei den verschiedenen Badeformen, wobei sie den Pilgern nicht nur die religiösen Tauchungen, Gurgelungen und Güsse vormachen, sondern dabei auch die auf diese Verrichtungen bezüglichen Stellen aus den Wedas hersprechen, wozu Angehörige niederer Kasten nicht befugt sind.

An allen Badeplätzen und Wallfahrtsorten findet auch ein lebhafter Handel mit Götzenbildern statt, von denen die größeren von Angehörigen einer besonderen indischen Bildhauersekte aus Ton hergestellt und bunt angemalt, die kleineren aber aus Bronze gegossen sind; wie man sagt, werden solche neuerdings als Massenartikel aus englischen Fabriken nach Indien eingeführt, nachdem die alten, schön gearbeiteten mythologischen Figuren längst dem armen Volke von Sammlern, namentlich in Zeiten von Hungersnot und Teuerung, weggekauft und in alle Welt verschleppt wurden.

Nächst der Höhle, die tief unter dem Waffenmagazin der Festung aus den Felsen herausgearbeitet ist, und die ursprünglich den Buddhisten, später bei den Einfällen der Mohammedaner brahminischen Hindus als Tempel gedient hat und die noch mit rotbemalten Lingam-Idolen gefüllt ist, verrät noch ein anderes Wahrzeichen die alte Heiligkeit Prajagas, wie Allahabad zu Zeiten des frommen buddhistischen Königs Asoka genannt wurde; dieser hat, wie an anderen zahlreichen Stellen Indiens so auch hier, ums Jahr 250 eine etwa 50 Meter hohe, mit weisen Lehren gezierte Denksäule oder Lat[WS 1] errichtet, und auch eine kleinere Säule dieser Art soll wie der Lat des Asoka als Sonnenuhr gedient haben.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Denksäule oder Lat: vergleiche Edikte des Ashoka (allgemein), Allahabad pillar (en)
Empfohlene Zitierweise:
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/224&oldid=- (Version vom 1.7.2018)