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noch einen phantastischen Busch aus Metallflittern und blitzenden und schimmernden Steinen an der Seite des Kopfes, wodurch ihre Gestalten einen theatralisch-phantastischen Eindruck hervorbringen.

Mit Ochsen bespanntes Geschütz.

Radschputen-Fürst mit Würdenträgern.

Die Radschputen von Dschodpur fallen nicht nur durch ausdrucksvolle Gesichtszüge, sondern auch durch ihre stolze Tracht und durch ganz besonders kühn und selbstbewußt um das Haupt geschlungene Turbantücher auf, und das Bild eines fürstlichen Radschputen mit seiner Umgebung, das ich hier eingeschaltet habe, zeigt den Aufwand an Zubehör, den dort ein hoher Stand erfordert. Der wichtigste Würdenträger ist der Träger des fürstlichen Sonnenschirmes, der auch ein köstlich gesticktes seidenes Umschlagetuch und einen zierlichen Rohrspazierstock in Bereitschaft zu halten pflegt; ferner darf der Schwerthalter und der Fächerschwinger nicht fehlen und ebensowenig der Jüngling, der die Wasserpfeife zu Füßen des Gewaltigen gebrauchsfertig hält. Von besonderer Wichtigkeit ist auch der Würdenträger, dem das goldne Tablett anvertraut ist, worauf grüne Betelblätter liegen, das Begrüßungszeichen der Hindus für Gäste; neben den Blättern steht eine Dose mit gelöschtem Kalk, der auf die Betelblätter gestrichen und mit diesen zerkaut wird, sowie ein Fläschchen mit Rosenwasser zum Besprengen der Gäste, das diese Bewillkommnungsgarnitur vervollständigt. Alle diese Erfordernisse lassen uns ahnen, welch ein asiatisch-erhabenes, prachtvolles und pomphaftes Zeremoniell an den Fürstenhöfen der Radschputana üblich war, als sich die Radschputen noch ihrer Machtfülle erfreuten.

Das heutige Dschodpur stammt etwa aus dem Jahre 1460, und die aus jener Zeit herrührenden Steinbauten und die mit entzückender Sorgfalt aus dem blauen Marmor Dschodpurs gemeißelten Nachahmungen zierlicher, edelgemusterter, durchbrochener Holzschnitzereien an Erkern, Dächern, Fenstern in der Burg muß man aufsuchen, um sich eine zutreffende Vorstellung von dem einstigen Glanze dieser Stadt zu bilden, die damals noch von waffenstarrenden, nach Kampf und Todesgefahr wahrhaft lechzenden Männern durchwogt war.

In Stein gehauene Häuser-Fassaden in Dschodpur.

Nirgends blühte im alten, gewerbfleißigen Indien die Waffenschmiedekunst so herrlich wie hier in der Radschputana, bis im Jahre 1857 auch dieses wichtige Kunsthandwerk durch die „arms act“ der Engländer, die das

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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/187&oldid=- (Version vom 1.7.2018)