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scheinbar unüberwindlicher Schwierigkeit zeitweilig absehen mußte, ohne es deshalb für immer aufzugeben! Mein getreuer Helfer hatte Wort gehalten. Ich wurde mit allen Ehren aufgenommen, und ein Hindu in höherer Beamtenstellung sollte beständig um mich sein, um jeden meiner Wünsche zu erspähen und zur Erfüllung zu bringen. Pferde und Wagen wurden mir zur Verfügung gestellt, der englische Gesandte lud mich in seinen Palast, kurz, ich konnte keine glänzendere Genugtuung erwarten.

Der Kuli hinter dem Karren trägt die vom Verfasser gebaute Geheimkamera auf dem Kopf.

Bereits nach zwei Tagen bat ich den Hofbeamten, der mir wie ein dienstbereiter Schatten folgte, mich freundlichst mir selbst zu überlassen, wobei es allerdings schwer hielt, ihm in nicht verletzender Weise auseinanderzusetzen, daß seine ständige Begleitung und das Gefolge seiner Diener für mich beinahe ein Übelstand sei, der mich bei meinen Beobachtungen und photographischen Arbeiten nur hindere, da vor lauter Respekt alle mich interessierenden Leute fortliefen, sobald sie unsere Karosse und meine pomphafte Begleitung in der Ferne gewahrten. Ich begnügte mich, mir einen Passierschein zum Besuche der Burg auszubitten, die sich wie ein Adlerhorst auf hohem Fels hochragend aus der ebenen Steppe erhebt, und deren Besichtigung mir bei meinem ersten Aufenthalt verweigert worden war. Ich hatte eine größere Freude daran, statt den großen Herrn zu spielen, der ich von Haus aus doch gar nicht bin, recht einsam und nach Herzenslust in der Stadt herumzustreifen, nur von einem unscheinbaren Kuli begleitet, der meinen Apparat trug und der mich nicht störte, da ich ihn und sein Tun bald nur wie einen gut arbeitenden Mechanismus auffaßte. Lautlos richtete er mir den Dreifuß auf und ging mir geschickt und schweigend zur Hand; besonders gut aber konnte ich ihn als wanderndes Stativ benutzen, um scharfe Momentaufnahmen zu machen, denn hierfür hatte ich mir einen eigenen Apparat gebaut, da alle im Handel erhältlichen durch ihr befremdendes, fast beängstigendes Aussehen und ihre funkelnden Metallteile fast stets die Eingeborenen, die ich aufnehmen wollte, ihres bisherigen harmlosen Aussehens beraubten. In einem ganz unauffälligen Kasten hatte ich eine Kamera untergebracht, in der ich das Bild durch eine kaum kenntliche Öffnung von obenher mittelst eines darin schrägstehenden Spiegels auf einer horizontalen Mattscheibe haarscharf

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Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/178&oldid=- (Version vom 1.7.2018)