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Kamel-Batterie.

Elftes Kapitel.
In der Krieger-Heimat.

Krieger-Heimat! Wie läßt dieses Wort alle Saiten mitschwingen, die bei der Stichnote Indien nicht sofort in unserem Inneren erklangen! Ich habe immer das Gefühl, als ob die Tonfarbe des Wortes Indien zunächst die feinfühlige, musikalische und poetische, ja ich möchte sogar sagen, weibliche Hälfte des deutschen Gemütes in Schwingungen bringt; beim Namen Radschputana[WS 1], Krieger-Heimat, wird dagegen mit lautem Schall, wie wenn es sich um das alte, kraftvolle Hellas handelte, die männliche Seele erregt.

Die Radschputana! Wem daran liegt, aus dem allzu bunten Völkerwirrwarr Bombays zu den individuelleren Eindrücken des eigentlichen, man könnte fast sagen, des vorhistorischen Indiens zu flüchten, der wende sich in dieses nordwestliche Gebiet Indiens, das freilich vom Mai bis zur Regenzeit zu den heißesten Gegenden unseres Erdballes gehört. Aber noch heute danke ich es dem Künstlersinn des Grafen Lanckrokonski[WS 2], der die Freundlichkeit hatte, mich nach einem Vortrage in Wien auf Dschodpur[WS 3] als eine Schatzkammer anregender Motive hinzuweisen, die den von Indienreisenden gewöhnlich besuchten Ort Dscheipur[WS 4] weit überstrahlt.

Mein erster Versuch, diese wunderbare Stadt kennen zu lernen, glückte freilich keineswegs nach Wunsch. Ich kam mir vor wie behext; auf Schritt und Tritt stieß ich auf passiven Widerstand, und ich fühlte, daß ich mir eher den Kopf an den Burgmauern Dschodpurs einrennen als Hoffnung machen könnte, dort irgend etwas Sehenswertes kennen zu lernen. Erst als ich der scheinbar so ungastlichen Stadt mißmutig den Rücken gekehrt hatte und bereits in der Schmalspurbahn saß, die Dschodpur seit kurzem mit dem übrigen

indischen Eisenbahnnetz verband, während es früher nur durch langwierigen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Radschputana: vergleiche Rajasthan (zum Land) oder Rajputen (zur Bevölkerung)
  2. WS: Lanckrokonski: vergleiche Karl Lanckoroński (1848–1933)
  3. WS: Dschodpur: vergleiche Jodhpur
  4. WS: Dscheipur: vergleiche Jaipur
Empfohlene Zitierweise:
Kurt Boeck: Durch Indien ins verschlossene Land Nepal. Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig 1903, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Durch_Indien_ins_verschlossene_Land_Nepal.pdf/176&oldid=- (Version vom 1.7.2018)