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die Alltagssprache hier mit dem nämlichen Wort bezeichnet!

Wenn wir sonach die allgemeine musikalische Wehrpflicht antasten und die These aufstellen, die unbegabte Majorität solle von dem conventionellen Klavier-etc.-Unterrichte befreit bleiben, so wissen wir, daß uns die klassisch gebildeten Musiker mit dem Beispiel des griechischen Alterthums kommen werden, das, dem Zeugniß zahlreicher Schriftsteller zu Folge, nicht nur das musikalische Verständniß, sondern auch die praktische Hebung der Tonkunst als unerläßlichen Faktor der allgemeinen Bildung betrachtete.

Auf diesen Einwurf antworteten wir, daß die Griechen des klassischen Altertum erstens mehr Zeit hatten, als wir Kinder des neunzehnten Jahrhunderts, dieweil die sonstigen Anforderungen an Können und Wissen vergleichsweise sehr gering waren und das Brotstudium keine so grausame Rolle spielte; und daß zweitens der altgriechische Musik-Unterricht sich zu dem unsern verhält, wie ein Waldbach zum Niagara.

Die Griechen unterrichteten ihre Kinder vorzugsweise im Gesang – und nächstdem im Saitenspiel. Dies Saitenspiel war außerordentlich einfach, die Technik durchaus nicht zeitraubend, die ganze Sache wirklich ein Spiel, nicht eine nervenzerfressende Arbeit wie die Bewältigung unsres modernen Klaviers.

Einen Beweis dafür, daß die Erlangung der im Altertum etwa geforderten musikalischen Fertigkeit nicht mit übermäßigen Schwierigkeiten verknüpft war, liefert die Raschheit, mit der selbst mäßig begabte Autodidakten sich dieser Fertigkeit zu bemächtigen wußten.

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Ernst Eckstein: Dudler und Dulder. Leipzig, 1893, Seite Seite: Dudler und Dulder 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dudler_und_Dulder_57.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)