Seite:Drei Essays Oscar Wilde.pdf/47

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

von Verbrechen. Daraus ergibt sich von selbst, dass je mehr Strafen verhängt werden, um so mehr Verbrechen hervorgerufen werden, und die meisten Gesetzgebungen unserer Zeit haben dies durchaus anerkannt und es sich zur Aufgabe gemacht, die Strafen, soweit sie es für angängig hielten, einzuschränken. Ueberall, wo sie wirklich eingeschränkt wurden, waren die Ergebnisse äusserst gut. Je weniger Strafe, um so weniger Verbrechen. Wenn es überhaupt keine Strafe mehr gibt, hört das Verbrechen entweder auf, oder, falls es noch vorkommt, wird es als eine sehr bedauerliche Form des Wahnsinns, die durch Pflege und Güte zu heilen ist, von Aerzten behandelt werden. Denn was man heutzutage Verbrecher nennt, sind überhaupt keine Verbrecher. Entbehrung, nicht Sünde ist die Mutter des Verbrechens unserer Zeit. Das ist in der Tat der Grund, warum unsere Verbrecher als Klasse von einem irgend psychologischen Standpunkt aus so völlig uninteressant sind. Sie sind keine erstaunlichen Macbeths und schrecklichen Vautrins. Sie sind lediglich das,

Empfohlene Zitierweise:
Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/47&oldid=- (Version vom 31.7.2018)