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die Last dieses titanischen, ungeheuren Reiches tragen sollte. Unter einem vollkommenen Menschen verstehe ich einen, der sich unter vollkommenen Zuständen ausleben kann; einen, der nicht verwundet oder zerbissen oder verkrüppelt oder in ewiger Gefahr ist. Die meisten Persönlichkeiten waren genötigt, Empörer zu sein. Ihre halbe Kraft hat die Reibung mit der Aussenwelt verbraucht. Byrons Persönlichkeit zum Beispiel wurde in ihrem Kampf mit der Dummheit und Heuchelei und Philisterhaftigkeit der Engländer schrecklich mitgenommen. Solche Kämpfe machen die Kraft nicht immer intensiver: oft lassen sie die Schwäche ins Ungemessene wachsen. Byron hat uns niemals geben können, was er uns hätte geben können. Shelley kam besser davon. Gleich Byron verliess er England sobald als möglich. Aber er war nicht so bekannt. Wenn die Engländer eine Ahnung gehabt hätten, was für ein grosser Dichter er in Wirklichkeit gewesen ist, sie wären über ihn hergefallen und hätten ihm sein Leben so unerträglich gemacht, wie sie irgend konnten. Aber er

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/34&oldid=- (Version vom 31.7.2018)