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Gottes darauf, und die Blumen rings herum, Alpenveilchen an schattigen Plätzen, und die Sterne der weissen Narzissen, die wie Schneeflocken über dem Gras liegen, wo die behende glanzäugige Eidechse über den Stein schiesst, und die Schlange zusammengerollt auf dem heissen Sand in der Sonne liegt, und zu Häupten von den Zweigen fliessen die Marienfäden, dünne, zitternde, goldene Fäden – die Szene ist in ihrem Motiv ganz vollendet, denn hier fürwahr, wenn irgendwo, könnte die wahre Freudigkeit des Lebens einer Jugend offenbart werden – die Freudigkeit, die nicht kommt, wenn man die Leidenschaft verstösst, sondern wenn man sie in sich einzieht und die so ist wie die ruhige Heiterkeit, die im Gesicht der griechischen Statuen liegt, und die Verzweiflung und Schmerz nicht vernichten, sondern nur verdichten und verstärken können.

So etwa könnten wir diese losen und zerstreuten Blumenblätter der Dichtung zu einer vollkommenen Rose des Lebens sammeln und doch möchten wir vielleicht, wenn wir es tun, das wahre Wesen der

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/146&oldid=- (Version vom 31.7.2018)