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Lebensführung und in der Weisheit aller Dinge des Geistes wird er uns immer sein; er war es ja doch, der durch die zwingende Kraft seiner Persönlichkeit und die Musik seiner Rede uns in Oxford die begeisterte Liebe zur Schönheit lehrte, die das Geheimnis des Hellenismus ist, und den schöpferischen Drang, der das Geheimnis des Lebens ist; der einigen von uns wenigstens die erhabene und leidenschaftliche Sucht schuf, in weite, schöne Lande hinauszugehen und den Völkern eine Botschaft und der Welt eine Sendung zu künden; und doch, in seiner Kunstkritik, seiner Einschätzung des künstlerischen Genusses, seiner ganzen Art, an die Kunst heranzugehen, gehen wir nicht mehr mit ihm; denn das Kriterium seines ästhetischen Systems ist immer ein ethisches. Er beurteilt ein Gemälde nach der Summe vornehmer Moralprinzipien, die es zum Ausdruck bringt; für uns aber sind die Wege, auf denen allein die vornehme malerische Arbeit uns berühren kann und wirklich berührt, nicht Wege von Lebenswahrheiten oder von metaphysischen Wahrheiten.

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/134&oldid=- (Version vom 31.7.2018)