Seite:Drei Essays Oscar Wilde.pdf/126

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Am Dienstag – meinem letzten Tag im Gefängnis – sah ich ihn in der Freistunde. Er befand sich schlimmer als vorher und wurde wieder hineingeschickt. Seitdem weiss ich nichts von ihm, aber ich erfuhr von einem der Gefangenen, der mit mir in der Freistunde ging, dass er am Samstag Nachmittag auf Befehl der Inspektionsbehörde auf Grund eines Berichtes des Arztes im Küchenraum 24 Hiebe erhalten habe. Das Geheul, das uns allen Entsetzen eingeflösst hatte, war von ihm gekommen.

Dieser Mann wird ohne Zweifel unheilbar wahnsinnig. Gefängnisärzte haben keine Kenntnis von Geisteskrankheiten. Sie sind durch die Bank unwissende Menschen. Die Lehre von den Krankheiten des Geistes ist ihnen unbekannt. Wenn ein Mann wahnsinnig wird, behandeln sie ihn als Simulanten. Sie haben ihn wieder und wieder bestraft. Natürlich wird der Zustand des Mannes schlimmer. Wenn die gewöhnlichen Strafen erschöpft sind, berichtet der Arzt über den Fall an die Behörde. Die Folge davon ist: er wird ausgepeitscht.

Empfohlene Zitierweise:
Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/126&oldid=- (Version vom 31.7.2018)