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das Geheul aus dem Erdgeschoss des Gefängnisses kam, und ich merkte, dass irgend ein Unseliger gepeitscht wurde. Ich kann nicht beschreiben, wie entsetzlich und schrecklich es für mich war, und ich fragte mich erstaunt, wer in dieser empörenden Weise gezüchtigt wurde. Plötzlich kam mir der Gedanke, dass es wohl dieser unglückliche Wahnsinnige war, der gepeitscht wurde. Was ich dabei empfand, brauche ich nicht mitzuteilen, es hat nichts mit dieser Frage zu tun.

Am nächsten Tag, am Sonntag, den 16., sah ich den armen Mann in der Freistunde, sein hässliches Gesicht war von Tränen und hysterischen Krämpfen so entstellt, dass er kaum zu erkennen war. Er ging in dem inneren Ring mit den alten Männern, den Bettlern und Lahmen, so dass ich ihn die ganze Zeit über beobachten konnte. Es war mein letzter Sonntag im Gefängnis, es war ein sehr lieblicher Tag, der schönste Tag, den wir im ganzen Jahr gehabt hatten, und da in diesem herrlichen Sonnenlicht ging dieses arme Geschöpf – das einst nach dem

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/124&oldid=- (Version vom 31.7.2018)