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eines gehetzten Wildes. Am nächsten Morgen, zur Frühstückszeit, hörte ich ihn schreien und rufen, man solle ihn herauslassen. Er schrie nach seinen Eltern. Von Zeit zu Zeit konnte ich die tiefe Stimme des Aufsehers hören, der ihm sagte, er solle sich ruhig verhalten. Und dabei war er nicht einmal wegen irgend eines Vergehens verurteilt. Er war in Untersuchungshaft. Das sah ich daran, dass er seine eigenen Kleider trug, die ziemlich sauber schienen. Indessen trug er Anstaltsstrümpfe und -Schuhe, und das zeigte, dass er ein wirklich armer Knabe war, dessen eigene Schuhe, wenn er welche hatte, in einer bösen Verfassung waren.

Richter und Beamte, in der Regel ein ganz dummer Menschenschlag, stecken oft Kinder für acht Tage ein und erlassen dann irgend eine Strafe, die zu verhängen sie berechtigt sind. Sie nennen dies „ein Kind nicht ins Gefängnis schicken“. Das ist natürlich eine blöde Auffassung von ihnen. Ein Kind kann die Spitzfindigkeit, ob es in Untersuchungs- oder Strafhaft ist, nicht unterscheiden. Das Schreckliche

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/112&oldid=- (Version vom 31.7.2018)