durch so viel vnnd mancherley Wege durchmarterten Seide mit sonderer beliebung gebrauchet. Sondern sie schmückten sich etwa mit Kleidern von grünen Kletten durchflochten / mit welchem sie vielleicht wol so zierlich vnd stattlich einher prangeten / als jrgend vnsere stutzerischen Hof-Jungfern mit jhren newen seltzamen vnd frembden Trachten / so die müssige Lüsternheit erfunden / heutiges Tages zu thun pflegt. Dazumahl brachte ein jedes die Liebesgedancken seines Gemüths schlecht vnd einfeltig vff die Bahn / eben auff die maß vnd weise / wie solche ein jeder bey sich in seinem Hertzen geschöpfft / vnd gebrauchten sich nicht eines künstlichen Vmbschweiffs der Rede / oder beflissen sich mit gedreheten geschmierten Worten jhre begierde zuschmücken. Es war da keine arge List / kein Betrug / keine Boßheit / so sich vnter die Warheit vnd Auffrichtigkeit hette mit einmischen können. Die Gerechtigkeit gienge in vollem Schwang / vnd dorffte sich niemand erkühnen / jhren Lauff zu hindern durch einige Gunst oder Gaben oder Geschenk / so heutiges Tages der Gerechtigkeit so hoch schädlich seyn / sie hemmen vnd verfolgen. Die Vrtheilung vnd Erkenntnüß nach eigenem gutdüncken hatte den Verstand des Richters damahls noch nicht eingenommen / denn es war noch nicht weder Sache noch Part vorhanden / darüber man hette richten vnnd vrtheilen können. Die Jungfrawschafft vnd Erbarkeit wandelte damahls / wie ich erst gesagt habe / allein vnnd ohn einige Gesellschafft sicherlich / wo sie wolten / vnd durfften sich gantz keines Muthwillens / vnkeuscher Zumuthung / oder anderes Schadens vnd Vnheils befahren. Jetzo aber in diesen vnsern vermaledeyeten Läufften / ist keine sicher / vnnd wann man sie schon in ein andern vnnd newen Labyrinth / dergleichen etwa in Creta gewesen / einschlösse / vnnd darin verborgen hielte.
Miguel de Cervantes: Erster Theil Der abenthewrlichen Geschichte des scharpffsinnigen Lehns- vnd Rittersassen / Juncker Harnisches auß Fleckenland / Auß dem Spanischen ins Hochteutsche vbersetzt Durch Pahsch Basteln von der Sohle. Frankfurt 1648, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Don_Kichote_de_la_Mantzscha_126.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)