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Bretter, Pflüge, Eggen, auch Heu und Stroh, die da miethweise aufbewahrt wurden, loderten mit reißender Geschwindigkeit in die Höhe. An ein Retten und Löschen war nicht mehr zu denken, da man nicht beikommen konnte. Und hoch in der Mitte des Feuermeers, aus den Steinmauern heraus sandte der brennende Thurm seine Flammen in den Nachthimmel. Erst gegen Mitternacht wurde man des Feuers so weit Meister, daß keine weitere Gefahr für die Stadt zu fürchten war. Die Löschwerkzeuge mußten aber bis Tagesanbruch fortarbeiten, da aus dem außerhalb der Stadtmauer Niedergebrannten und aus dem Innern des Thurmes immer wieder neue Flammen aufloderten. Die Angst der unteren, von einem so breiten Feuerwall umlagerten Stadt war groß. Die Feuerwehr von Heilbronn leistete wesentliche Dienste, was denn auch Veranlassung gab, daß von da an auch in hiesiger Stadt sich eine Feuerwehr nach dem Heilbronner Muster bildete. Daß hier eine Brandstiftung stattfand, lag, da die beiden Gebäude der ganzen Länge nach zugleich in Flammen standen, ziemlich klar am Tage und es wurde auch ein derselben wegen geführter zweideutiger Reden verdächtiger, junger Bursche verhaftet. Die Untersuchung mußte aber wegen fehlender zureichender Indicien eingestellt werden. Andere sprachen von, mit Zündhölzchen an dem Lattenverschlage spielenden Kindern, was aber nicht erhoben werden konnte. Den größten Schaden hatte bei diesem Brande das städtische Gemeindewesen, dessen Eigenthum die Magazine waren und das erst vor einem Jahre den Wachthurm mit einem Kosten von 4–5000 fl. neueingebaut hatte, ohne daß der neue Thurm höher in die Brandversicherung gelegt worden war als der alte. Der Verlust der den Wachthurm bewohnthabenden Armen wurde durch eine Collecte des gem. Amts für sie gedeckt. Da viele Bürger Raum in den Magazinen gemiethet hatten, so war der sonstige Verlust auf Viele vertheilt. Noch am 6. Qualm und Spritzenarbeit am Innern des Thurmes den ganzen Tag bis in den späten Abend. 13. Mai. Beerdigung des hochbetagten resignirten Schultheißen und Chirurgen Höring von Willsbach, Schwagers des † Not. Fraas s. Okt. 1851. – 16. Provisor Schäfer versetzt. Nachfolger an IV. Schule Babel von Bitzfeld, interimistisch bis zu seinem Eintritt der an dessen Stelle beorderte Prov. Häußler. – 21. Kaufmann Knorr erschießt sich im Delirium und wird am 23. mit Grabgebet beerdigt. – Juli 9. Landwirthschaftliche Excursion von einer Partie Mitglieder des landwirthschaftlichen Vereins mit dem Vorstande desselben nach Hohenheim, Scharnhausen und Weil. – 14. Stilles Durchpassiren Sr. Majestät des Königs von Wasseralfingen her. – Cameramtsbuchhalter Hörlin als provis. Bahnhofinspector nach Bruchsal versetzt. Abgang am 10. Provisorischer Nachfolger in Buchhaltersstelle Ref. Grunsky. – 16. Stadtschultheiß Fraas abdicirt in Stadtrathssitzung, kommt aber schon am folgenden Morgen im Staatsanzeiger als – vom geheimen Rath nach §. 87.[ws 1] der Verfassung von seinem Amt entlassen. Amtsverweser Stadtpfleger Eisele. 21. Mathäusfeiertag. Landwirthschaftliches Bezirksfest hier. Musterung bei den Linden. Preisvertheilung von Tribüne vor dem Rathhause. Rede vom Vorstand, Cameralverwalter Dornfeld und vor Preisvertheilung an Dienstboten vom Vice-Vorstand, Decan Dillenius. Festmahl in der Traube. – 22. Morgens 2 Uhr Feuerlärm. Die große Hildt’sche Scheuer in der untern Gasse steht schon in vollen Flammen. Gefahr für die anstoßenden Häuser durch Windstille und Emsigkeit der neuen Feuerwehr glücklich beseitiget. Gegen Tagesanbruch wird man des Feuers ohne weitere Verbreitung Meister. Der Verdacht einer Brandstiftung steht, bei diesem nun dritten Brand innerhalb 8 Monaten, so nahe, daß der Stadtrath und


Anmerkungen [WS]

  1. Gemeint ist wohl nicht § 87, sondern § 47 der württembergischen Verfassung von 1819, der die Entfernung von Staatsdienern aus ihrer Stelle behandelt.