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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder

Doch Keiner von der Verlorenen Kunde bringt!
Ihre letzte Hoffnung hat in ihren Söhnen sie,
Und ihnen spricht unter bittern Thränen sie:
„Meine Söhne, besteigt eure Pferde geschwind,
Und verfolgt eure Schwester, mein verlorenes Kind.
Und wenn ihr sie bei Priluk erreicht,
Seht daß ihr nicht zu viel Härte zeigt –
Und findet ihr sie auf Poltawischer Erde,
Seht daß nicht zu viel Geräusch davon werde!
Wie nur ein Frühling im ganzen Jahr,
In meinem Hause nur eine Tochter war!
Und ein guter Name macht des Mädchens Glück –
Eilet, Kinder, bringt meine Tochter zurück!“
Die jungen Söhne kommen in Poltawa an,
Sehen ihre Schwester prächtig angethan;
Ihre Kleider sind von Sammt und Goldstoff fein,
Ihr[WS 1] Gesicht ist wie helles Wasser rein. –
„Was hast du, Schwester, gemacht!
Du hast Unglück ins Haus deiner Mutter gebracht!
Sie verwünscht dich, und stirbt vor Kummer dahin,
Auf, spute dich mit uns zur Heimath zu zieh’n,
Wir wollen dir verzeih’n, verlorenes Kind!
Doch dein falscher Verführer hat den Tod verdient.“
Wie Anne das Wort vernimmt,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ihre
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder. J. G. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1845, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_poetische_Ukraine_(1845).pdf/93&oldid=- (Version vom 31.12.2022)