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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder

Und der viel kühne Baida, in Einem fort
Hängt er zwei Tage, zwei Nächte dort.
Und baumelt dort Baida, das ihn verdroß,
Und er sucht mit den Augen sein schwarzes Roß;
Und hängt dort Baida vom Baume herab,
Und er sucht mit dem Blick’ seinen jungen Knapp:

Du mein junger Knappe! auf, eile schnell,
Und bring meinen strammen Bogen zur Stell’,
Meinen Bogen und meinen Köcher hol’,
Meinen Köcher mit spitzen Pfeilen voll!
Mein Auge erspäht drei Tauben von fern,
Davon schöß’ ich eine für den Sultan gern,
Die zweite soll der Sultanin seyn,
Die dritte dem holden Töchterlein!

Und er spannt seinen Bogen – der erste Pfeil fliegt,
Und todt der Sultan im Blute liegt;
Trifft der zweite die Schulter der Sultanin,
Fährt der dritte durch’s Haupt der Tochter hin.

Und Dank dir Sultan, daß ich gehängt!
Hättest wissen sollen wie man Baida fängt.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder. J. G. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1845, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_poetische_Ukraine_(1845).pdf/137&oldid=- (Version vom 11.1.2023)