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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder

 Das ist nicht des Sturmwind’s Gegelle
 Der vom Thale Tscherkenje fleucht –
 Das ist nicht der Adler, der schnelle,
 Der die fliehenden Geier scheucht:

Das ist Iwan Konowtschenko, der die Zügel verhängt
Hoch auf schwarzem Streitroß in’s Gemetzel sprengt!
Hell glänzt sein Säbel wie des Blitzes Glüh’n,
Drei Janitscharen streckt er zu Boden hin,
Drei Tartaren haut er den Kopf vom Nacken!
Dann senkt er das Schwert, rühmt seinen Muth den Kosacken,
Und er fliegt durch die Ebene kreuz und quer,
Und hohnlacht und verspottet der Ungläubigen Heer. –

An seinem Prahlen merkte der Ungläubigen Schaar,
Daß der junge Kosack betrunken war.
Fliehend lockten sie ihn in einen Hinterhalt,
Und entfernten ihn vom Lager der Kosacken bald;
Und dann gleich Heuschrecken, dem Gotteszorn,[1]
Fielen sie über ihn her von hinten und vorn,
Schoßen, schlugen ihn zu Boden mit Pistolen und Schwert –
Doch es entwischte ihnen des Kosacken Pferd …


  1. Noch heut zu Tage herrscht unter dem Volke der Ukraine der Glaube, daß auf den Flügeln der Heuschrecke in arabischer Schrift die Worte geschrieben stehen „Zorn Gottes.“
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder. J. G. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1845, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_poetische_Ukraine_(1845).pdf/131&oldid=- (Version vom 11.1.2023)