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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder

So sprach er, und gab eine Stunde darauf
Seine Seele zu Gott dem Barmherzigen auf. –
Flogen die Adler herbei, hackten die Augen aus der Stirn,
Kamen Raben geflogen, pickten aus sein Gehirn,
Flogen Raubvögel aller Arten heran,
Fingen seine gelben Knochen zu nagen an;
Kamen in wilden Haufen
Die grauen Wölfe gelaufen,
Haben den Leichnam zerbrochen,
Schleppten hinweg die Knochen,
Und verbargen sie zwischen
Den Dornengebüschen.
Und es erscholl all die Weile
Ein grausig Geheule:
Das sind die Träger, die ihn zu Grabe bringen,
Das sind die Sänger, die ihm sein Grablied singen! …
Doch woher hebt der Kuckuck sein bläulich Gefieder?
Er setzt sich beim Haupt des Kosacken nieder,
Und er klagt und beweint ihn in jammerndem Ton,
Wie eine Schwester den Bruder, eine Mutter den Sohn.

     Schon die Reiter den Städten der Christen zulenkten;
     Plötzlich seltsame Qualen ihr Herz bedrängten.
     Hub der zweite Bruder an so zum ält’sten zu sagen:

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder. J. G. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1845, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_poetische_Ukraine_(1845).pdf/110&oldid=- (Version vom 27.12.2022)