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der Verhältnisse in Deutschland, bei dem Ineinandergreifen von Staat und Kirche, hatte eben so sehr eine kirchliche wie eine politische Seite, und von beiden aus werden wir sein Verhältniß zum Landgrafen Philipp aufzufassen haben. Karls eigentliche Stellung zum Landgrafen, dessen Sache mit der Reformation völlig zusammenfiel, ist allerdings nicht leicht auszumachen, da sich des Widersprechenden so viel bei ihm findet: Zugeständnisse an die evangelische Sache, und dann doch wieder harte Bedrückung derselben, Milde gegen die protestirenden Stände, und dann doch wieder Scheiterhaufen und Blutgerüst besonders in den Erblanden, freundlicher Verkehr mit ihren Fürsten, und dann wieder im Schmalkaldischen Kriege zuletzt die offene, und was schlimmer ist, die tückische Gewalt, so daß man wohl schon am wenigsten zu irren glaubte, wenn man geradezu das Schwankende, Unentschlossene als den hervorstechenden Zug in seinem Character anerkannte. So viel indeß wird sich hier leicht herausstellen, daß Karl das ganze Ereigniß nur von der politischen, nicht aber von der kirchlich-religiösen Seite aufzufassen geneigt war.

Der Eindruck, den die Reformation von der kirchlichen Seite auf ihn machte, war ein durchaus getheilter, so daß die streitenden Gefühle sich gegenseitig aufhoben, und ihm völlig freie Hand ließen, dabei nur nach seinen politischen Entwürfen zu verfahren. Von der einen Seite war und blieb Karl in seinem Herzen catholischer Christ: er war durch seine Abstammung aus dem Hause Burgund, durch seine Kronen und Reiche diesseits und jenseits des Weltmeers fest an den catholischen Glauben gebunden, so daß die Vermuthung, wenigstens sein Sterbelager im Kloster St. Iust haben evangelische Anklänge umstanden, durch nichts weiter unterstützt wird, als daß seine geistliche Umgebung, die ihn aus Deutschland nach Spanien begleitet hatte, bald darauf den Griffen der Inquisition erlag. Karl war in seinem Glauben catholischer Christ, und mußte darum in der Reformation nur die gefährlichste Häresie erblicken. Allein die