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sehr verzweifelten Gemütsstimmung. Nur das jüngste, etwa zwei Jahre alte machte eine Ausnahme. Es schrie aus Leibeskräften und hatte dadurch auch Richard geweckt.

Dieser stand jetzt auf und rüttelte Soliman an der Schulter.

„Was giebt es denn? Soliman, bist Du krank?“ fragte er besorgt.

„O, Sahib,“ stöhnte der Gefragte, „das Ende der Kulpa ist gekommen, Vritra hat Indra besiegt.“

In dem Munde Solimans, der ein Mohammedaner war, mußten die Worte ,Kulpa‘, ,Vritra‘, ,Indra‘, die der buddhistischen Götterlehre angehören, einigermaßen befremden; aber dort in Indien ist der mohammedanische Glaube schon stark mit dem Buddhismus vermischt. Dieser teilt die Entwicklungsgeschichte der Welt in mehrere Perioden. Eine derselben, die einen Zeitraum von vielen Hunderttausenden von Jahren umfaßt, ist die Kulpa, an deren Anfang Indra, der gute und höchste Gott, die Erde schuf, die Vritra, das böse Element und besonders das Symbol der Dürre, haßt, weshalb beide Götter beständig miteinander im Kampfe liegen, bis schließlich am Ende der Kulpa Vritra siegt und die Erde wieder vernichtet wird.

„Die Malangos haben recht,“ murmelte ein anderer Malaye, „wir haben die heilige Grotte entweiht, die Götter rächen sich, wir dürfen sie lebendig nicht wieder verlassen.“

Mehr war aus ihnen nicht herauszubringen, das Entsetzen, Stöhnen und Wimmern war allgemein. Was war da passiert?

Hastig kleidete sich Richard an, um hinauszugehen, denn wenn es auch draußen noch so warm sein mochte, er mußte sich doch, wenn er den heißen Raum verließ, vor einer Erkältung hüten.

„Gehe nicht hinaus, Sahib,“ warnte Soliman, „draußen lauert Vritra, um Dich zu töten.“

Eine nähere Erklärung gab er nicht, und deshalb gerade ging Richard nun erst recht. Sturm und Regen mußten ja

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Robert Kraft: Die indischen Eskimos. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_indischen_Eskimos.pdf/9&oldid=- (Version vom 31.7.2018)