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Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, Zweiter Theil, M-Z

im Jahr 1805 zu Biberach lebte, mit zärtlicher Sorgfalt und suchte den Sinn für Wissenschaft und Kunst schon früh in ihr zu wecken. – Noch ehe sie volle 2 Jahr alt war, trug er sie in seine Bibliothek und suchte sie durch die schönen Verzierungen der Einbände und Titelblätter zu beschäftigen, brachte es auch dadurch so weit, daß sie mit 2 Jahren vollkommen lesen konnte. Ihre frühe Lesekunst benutzte der fromme Vater nur für die Bibel, die sie in einem Alter von 5 Jahren zum ersten Mal ausgelesen hatte. Zur Belohnung des Fleißes, wurde sie von ihm oder der zärtlichen Mutter auf die nahe an ihrem am Thore liegenden Hause befindliche freundliche, mit Bäumen umfaßte Wiese geführt, wo sie sich bei Gras und Wiesenblümchen sehr glücklich fand und ihr Kleidchen mit Pflanzen und Blümchen eingefaßt bekam, die sie dann unter die Kinder der Nachbarschaft vertheilte. So wurde von den liebenden Aeltern schon im zarten kindlichen Alter Gefühl und Sinn für Schönheit der Natur geweckt, die sich nachher mehr ausbildeten. Täglich wurde im väterlichen Hause, neben der Arbeit, an der Seite ihrer Mutter, eine Betrachtung in Arndt’s wahrem Christenthum, am Sonntag eine Predigt von Franke in Halle gelesen, und eine gehört, und einer der Freunde Sophiens glaubte dies noch in allen ihren Werken an der Länge der Perioden zu bemerken; doch wurde sie nebenbei auch die beste Tänzerin, lernte Französisch, zeichnen und Blumen malen, sticken, klavierspielen und Küche und Haushaltung besorgen. Ihr Vater, der von Kaufbeuern nach Augsburg als Stadtphysicus und Dekan der medicinischen Facultät versetzt worden war,

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Carl Wilhelm Otto August von Schindel: Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts, Zweiter Theil, M-Z. F. A. Brockhaus, Leipzig 1825, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_deutschen_Schriftstellerinnen_(Schindel)_II_181.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)