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Gegner näher und näher, sich kaum eine Atempause gönnend.

Aber jetzt, das war das richtige Mittel, sich nochmals Luft zu schaffen! Jetzt die Töne eines Signalhorns, klar sich fortpflanzend von Bataillon zu Bataillon:

„Seitengewehr pflanzt auf!“

Und dann: „Auf! Marsch, marsch, hurra!“ Das flößte dem Rest des einst so stolzen und jetzt so kläglich zusammengeschossenen Regiments den echten deutschen Elan ein.

Ran an den Feind, der keine zweihundert Meter mehr entfernt war. Und, so dünn auch die Linie der Angreifenden, das Hurra durchbrauste wie aus tausenden von Kehlen kommend die Abenddämmerung, verfehlte auch heute seine Wirkung nicht.

Der Gegner flutete zurück. Und hinter ihm her prasselte die bleierne Saat. Jeder Mann gab sein Bestes. Schuß auf Schuß knallte, bis die französischen Reserven ihre zurückgehenden Abteilungen aufnahmen.

Ein neues Bild. Feindliche Kavallerie, mindestens drei Brigaden erschienen aus einer Bodensenkung gerade gegenüber dem Dorfe Cossenette. Im Nu hatten sich die Reitergeschwader fächerartig ausgebreitet, jagten jetzt, sich immer weiter auseinander ziehend, heran.

Was die französische Infanterie nicht vermocht hatte, das erreichten ihre Schwadronen, die trotz beträchtlicher Verluste unaufhaltsam vordrangen; die mehr als dünnen deutschen Linien wurden über den Haufen geritten.

Zum Glück setzte in demselben Augenblick ein heftiger Regenguß ein, der es der französischen Kavallerie unmöglich machte, ihren Sieg gehörig auszunutzen, diesen Sieg über einen Gegner, der stundenlang fünfzigfach überlegenen Kräften todesmutig und opferfreudig standgehalten hatte.

Das Gefecht löste sich jetzt in eine Reihe von Einzelkämpfen auf, bei denen die Reiter jedoch zumeist den Kürzeren zogen. Manch einer holte noch eine deutsche Kugel vom Pferde herab, manch einer mußte erkennen, daß der Säbel gegen das Bajonett eine recht unwirksame Waffe ist.

Unteroffizier Weber hatte sich bei Beginn des französischen Kavallerieangriffs mit seinen beiden Kriegsfreiwilligen und einem plötzlich bei ihnen aufgetauchten Gefreiten der Nachbarkompagnie im Laufschritt in das Gehölz neben

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W. Belka: Die Versprengten. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1914, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Versprengten.pdf/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)