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von dem Abmarsch starker Abteilungen auf deutscher Seite benachrichtigt worden waren, schoben ständig frische Verstärkungen in ihre Linie ein. Gelegentlich wagten einige Trupps von ihnen längere Sprünge, die ihnen jedesmal jedoch noch erhebliche Verluste brachten, da das Feuer der Deutschen sich sofort auf diese vorgehenden Schützen vereinigte. Trotzdem konnte der völlige Zusammenbruch der Verteidigung, die hier nur ein einziges Regiment übernommen hatte, nur noch eine Frage der Zeit sein.

Unteroffizier Weber, der seine eigenen Patronen bereits verschossen hatte, ließ jetzt von Trepinski den Gefallenen die Munition abnehmen. Um sich dem schmächtigen Uhrmachergehilfen verständlich zu machen, mußte er die Worte herausbrüllen, so laut er es nur vermochte. Der Lärm der platzenden Granaten verschlang eben jedes andere Geräusch.

Weber, ein vorzüglicher Schütze, legte sein Gewehr, dessen Lauf schon ganz heiß geworden war, bei Seite und ließ sich von Makull das eines toten Kameraden reichen. Jeden Schuß, den er abfeuerte, begleitete er mit einer lauten Bemerkung.

„Französische Brut – das saß!“ „Siehst Du, mein Junge, warum steckst Du auch Deinen französischen Verbrecherschädel so weit aus der Furche hervor!“ – „Vorbei, schade! Die Kugel hätte auch wohl was besseres verdient!“

In dieser Tonart ging es ununterbrochen.

Inzwischen war die Sonne immer tiefer gesunken. Dunstige Schleier verhüllten sie jetzt. Und die hereinbrechende Dämmerung brachte auch einen frischen Wind von Ost mit, der schwere Regenwolken zusammentrieb. Es wurde zusehends dunkler und dunkler.

Da – ganz plötzlich – drüben bei den Franzosen lautes Geschrei, Trommelwirbel, Kommandorufe –

Das Gewehrfeuer schwieg. Nur noch in der Ferne ein paar dröhnende bum – bum – bum der Geschütze. Dann fast unheimliche Stille.

„Kinder,“ schrie Weber, „sie greifen an! Raus aus den Gewehren, was nur heraus kann. Es geht um unsere Freiheit, unser Leben!“

Doch, wie schwach war die Geschoßgarbe nur noch, die diesen Sturmlauf aufhalten sollte! Sprungweise kam der

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W. Belka: Die Versprengten. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1914, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Versprengten.pdf/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)