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hat. Ich habe die Arbeiter, welche zu mir kommen, um sich durch Branntwein zu stärken, mit Aufmerksamkeit beobachtet, und gefunden, daß, wenn sie sich dem bei den Deutschen nur zu gewöhnlichen Hange nach starken Getränken unbehutsam überlassen, es auf ziemlich gleiche Weise mit ihnen ein trauriges Ende nimmt.

„Anfangs trinken sie Morgens nur ein Gläschen Schnaps, und bei diesem Quantum lassen sie es denn auch mehre Jahre lang bewenden. (Dieses Regimen ist übrigens ein gewöhnliches bei allen Arbeitern, und wer nicht täglich wenigstens sein Gläschen zu sich nimmt, würde von seinen Kameraden sich verhöhnt sehen.) Alsdann aber wird die Dosis verdoppelt, d. h., sie trinken Morgens ihr Gläschen nach wie vor, jedoch auch noch eins zu Mittag. Bei diesem Satze beharren sie nun wieder etwa zwei bis drei Jahre, wonach sie dann regelmäßig Morgens, Mittags und Abends ihr Gläschen schlucken. Jetzt aber gewöhnen sie sich bald, zu jeder Tagesstunde zu schnapsen, und zwar schmeckt ihnen kein anderer Branntwein mehr, als mit Gewürznägelein versetzter. Ist es so weit mit ihnen gekommen, dann läßt sich auch mit Sicherheit annehmen, daß sie höchsten noch sechs Monate zu leben haben; sie magern ab, werden vom Fieber ergriffen, wandern in’s Spital und man sieht sie dann lebend nimmer wieder.“


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Dr. Édouard Burdel; Übersetzer: Johann Heinrich Gauß: Die Trunksucht. Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1855, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Trunksucht.pdf/35&oldid=- (Version vom 31.7.2018)