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sich auf dem sumpfigen Boden wohl. Ein drückendes Schweigen herrschte überall, das auch Richard mit trauriger Niedergeschlagenheit erfüllte, die noch zunahm, als er das Schweizerhaus betrat.

In dem zu ebener Erde gelegenen einst prächtigen Saale des Vergnügungsetablissements hauste die dem Tode entgangene Familie. Aus dem düsteren Raume wehte ihm ein Pesthauch entgegen; hier starrte natürlich erst recht alles vor Schmutz. Trotz ihres Elendes aber wollten die Leute leben, und die nackten, mit Gold behangenen Kinder fühlten sich schließlich auch glücklich, wenn sie nur im Kote patschen konnten.

In einem dunklen Winkel lag auf moderigem Laube wimmernd ein Weib, es hatte das Sumpffieber. Daneben war ein ganzer Haufen von Gold- und Edelsteinschmuck aufgehäuft; das Sammeln dieser Schätze mußte den bedauernswerten Menschen noch heute Spaß machen.

Auf der anderen Seite des Goldstapels kauerte ein ebenfalls völlig nackter, alter Mann und stierte mit blöden Augen den vor ihm Stehenden an. Er erkannte ihn nicht, staunte aber auch nicht und fürchtete sich nicht.

„Kennst Du mich nicht mehr?“ fragte Richard ihn endlich, indem er die Wort kaum herausbrachte.

Der Mann lachte nur blöde vor sich hin und schüttelte den Kopf.

„Das ist doch der Junge, der damals am Leben geblieben war,“ erklang es da stöhnend aus dem Winkel.

Richard wollte dem Gedächtnis des Schusters zu Hilfe kommen, aber der verwilderte Mensch, der heute wahrscheinlich seinen verrückten Tag hatte, antwortete nur immer mit „ja ja.“

Plötzlich kam mehr Leben in sein Auge, sein Blick war auf die Flasche gefallen, die halb aus Richards Jagdtasche heraussah.

„Was hast Du da?“ fragte er gierig.

Richard nahm[WS 1] die Flasche und gab sie ihm.

Mit zitternden Händen griff der Mann nach derselben,

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Robert Kraft: Die Totenstadt. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Totenstadt.pdf/32&oldid=- (Version vom 31.7.2018)