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Er hatte von dieser Entwicklungstheorie gelesen und schon ein Beispiel mit eigenen Augen gesehen.

Er begab sich in die Kirche, durch dieselbe Thüre, die er vor einem Jahre nicht hinter sich geschlossen hatte. Die Mäuse waren auch hier eingedrungen, wenn sie nicht schon von oben aus dem Thurm gekommen waren, und hatten die Kirche leer gefressen. Deshalb konnte auch auf dem Altar kein Zettel liegen. Wo mochten nur der Schuster und seine Frau sein?

Natürlich war nicht schon der Inhalt der ganzen Stadt den Mäusezähnen zum Opfer gefallen, das wäre zu schnell gegangen. Sie drangen nur in die Häuser ein, wo sie keinen Widerstand fanden, deren Thüren dem Strome direkt offen standen. Später allerdings würden sie sich auch den Eintritt mit Gewalt erzwingen. So fand Richard noch die meisten Häuser und Läden unversehrt, er mußte nur die Thür erbrechen. Statt der Mäuse aber waren durch die meistenteils zertrümmerten Fensterscheiben Myriaden von Insekten eingedrungen und hatten, im Verein mit der warmen Feuchtigkeit, auch schon arge Verwüstungen angerichtet. Ein Schlag auf ein Sofa ließ eine Wolke von Motten aufwirbeln, über den Holzteilen fiel alles in Staub, Gardinen und Decken gab es gar nicht mehr. Dennoch fand Richard dasjenige, was er brauchte, er mußte nur suchen, Seife sowohl als noch brauchbare Streichhölzer[WS 1] und Petroleum gelangten in seinen Besitz, und schließlich entdeckte er in einem trockenen Hause auch gut erhaltene Sämereien und nützliche Bücher in wohlverschlossenen Schränken. Er beschloß, sich dieses alles anzueignen, was er für später wohl gebrauchen konnte.

Zunächst aber mußte er sich eine neue Wohnung suchen. In der am Waldflusse gelegenen Mühle war es zu feucht, er hatte dort auch schon einmal einen Fieberanfall gehabt und hier schien es wiederum viel zu trocken zu sein.

Er verbrachte jetzt einige Tage damit, durch die Stadt zu streifen und Häuser zu besichtigen. Auch las er in geeigneten

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Steichhölzer
Empfohlene Zitierweise:
Robert Kraft: Die Totenstadt. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Totenstadt.pdf/23&oldid=- (Version vom 31.7.2018)